Ein hochtrabender Titel, ich weiß.
In diesem Eintrag soll es um mein ganz persönliches Verhältnis zur Literatur gehen und um mein Verständnis eines Lebenssinns.
Ich bin kein gläubiger Mensch, obwohl ich es eigentlich gern wäre. Hinweise darauf lassen sich leicht in meinen Werken finden. Dieses Missverhältnis liegt einerseits an einem Hang zu wissenschaftlichen Fakten und philosophischen Argumenten, andererseits an einem Bedürfnis nach Sinn und Ordnung im Leben.
Mein Leben lang dachte ich über Religionen und mögliche Seinsformen Gottes nach: Wie entstanden Religionen? Wieso sehen die Götter in verschiedenen Religionen unterschiedlich aus? Welche Widersprüche stecken in den jeweiligen religiösen Systemen?
So mancher Philosoph, Theosoph und Scholastiker hätte argumentiert, dass mein Bedürfnis nach einem höheren Sinn, nach einer übergeordneten Macht, bereits ein Beweis für die Existenz Gottes darstellt. Ich sehe das anders. Leider fand ich niemals die passenden Argumente oder den richtigen Glauben.
Sinn braucht mein Leben dennoch.
Im Grunde halte ich es mit Albert Camus und seinem Absurdismus, der (sehr grob ausgedrückt) aussagt, dass jede Suche nach einem höheren Sinn über die Möglichkeiten des Menschen hinausgeht und daher absurd ist. Drei Lösungswege gibt es für Personen, die zu dieser Erkenntnis kamen (oder die davon überzeugt sind).
- Selbstmord.
- Religion: Die Annahme, dass etwas nicht Feststellbares existiert, das Sinn verleiht. Dieser Weg steht aber eigentlich niemandem offen, der wirklich an das absurdistische Problem glaubt.
- Sinn im Kleinen suchen. Sinn selbst schaffen. Sinnersatz finden.
Es ist wohl leicht zu erraten, dass ich den dritten Weg gewählt habe. Für mich ist Schreiben und Literatur insgesamt das, was einem Lebenssinn am nächsten ist. Diese Erkenntnis fühlte sich absolut natürlich an und tut es noch. Zugleich hat es mein Leben verändert, dies einzusehen. Über die Details eines im Grunde nihilistischen Lebenswandels lasse ich mich an dieser Stelle besser nicht aus. Aber man kann sich denken, dass es nicht schön war.
Aus diesen Wurzeln stammt (unter anderem) meine Ernsthaftigkeit im Umgang mit Literatur. Ich respektiere jede*n, die/der schreibt, um zu unterhalten, und jede*n, die/der liest, um unterhalten zu werden. Für mich selbst ist das aber nicht genug.
Gute Literatur berührt mich so tief und intensiv, dass ich mich langfristig ändere, mein Leben überdenke, mein Mindset wandele oder die Welt aus anderen Perspektiven betrachte. Ob irgendwann Leser*innen derartige Erfahrungen mit meinen Texten machen werden, weiß ich nicht. Überzeugt bin ich nicht. Aber das ist mein Leitstern und daran orientiere ich mich. Ich will nicht weniger, als die Welt verändern, indem Menschen verändere.
Ich bin außerdem davon überzeugt, dass schwierige Literatur – schwierig zu schreiben, zu lesen und manchmal auch auszuhalten – immer konkurrenzlos dastehen wird. Kein Film, keine Serie und kein Computerspiel wird jemals die Tiefe und Komplexität eines großen Buches erreichen. Wir sollten unsere Leser*innen fordern – durch Komplexität und hohe Sprache herausfordern und durch die Verwendung mehrerer Ebenen, durch schwierige Gedanken und unangenehme Themen auffordern, nachzudenken. Wenn eines meiner Werke nur als Story ohne Tiefgang funktioniert, habe ich versagt. Und fordert mich ein Buch nicht, lese ich es nicht weiter.
Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden.