Sorck: Munchs Schrei

Mit dem berühmte Schrei von Edward Munch (1863-1944) geht es weiter in der Reihe von Kunstwerken, die im Roman Sorck vorkommen (wenn auch manchmal nur sehr kurz). Zuvor ging es bereits um The Great Implosion von Nick Alm und um Der alte Gitarrenspieler von Picasso.

Der Schrei ist eigentlich nicht ein Bild, sondern mehrere. Es gibt verschiedene und in den meisten Fällen recht ähnliche Versionen des Bildes, die zwischen 1893 und 1910 entstanden. In meiner Wohnung hängt ein Kunstdruck der Version von 1910, die mir persönlich am besten gefällt. Zu sehen ist im Zentrum eine Figur, die Augen und Mund aufgerissen hat und beide Hände an den Kopf hält. Ich denke, jeder kennt das Werk. Der heutzutage geläufige Titel hätte Munch vermutlich missfallen. Mehrfach bezeichnete er selbst es auf Deutsch als Das Geschrei. Die Interpretation, dass die zentrale Figur selber schreie, war vom Maler nicht beabsichtigt, wird aber vom heute geläufigen Titel unterstützt. Munch verarbeitete eine Angstattacke, die ihn eines Tages auf einem Spaziergang überkam, als er einen Schrei hörte, der durch die Natur ging.

Der Schrei zeigt wunderbar, wie Munch es verstand, die Außenwelt als gespiegelte Innenwelt darzustellen. Nichts anderes, wenn auch mit anderen Mitteln (und weniger meisterhaft), tue ich, wenn ich die Umgebung einer Figur innerhalb einer Szene nutze, um eine Stimmung zu unterstützen oder eine Aussage zu einzubauen. Im Grunde entsteht eine Interpretationsspirale, wenn Munch die Innenwelt seiner Figur mit der Außenwelt innerhalb des Gemäldes darstellt und ich das gesamte Bild (Figur und Natur) verwende, um die Welt meiner Figur besser darzustellen. Gerne darf jemand in einem anderen Buch meinen Roman vorkommen lassen (beispielsweise auf einem Nachttisch liegend), um die Kette weiterzuführen.

Generell gibt es zwei Ansätze, um sich mit einem Bild zu beschäftigen. Entweder man informiert sich und interpretiert mithilfe von Hintergrundinformationen oder man leistet sich einen persönlicheren, weniger voreingenommenen Ansatz und lässt die Kunst pur auf sich wirken. Manche Werke verschließen sich dem zweiten Ansatz fast vollständig. Ich denke da zuallererst an monochrome Leinwände. Bei denjenigen, die sich nicht verschließen, kommt es doch häufig zu Missverständnissen oder – positiver ausgedrückt – zu neuen, ursprünglich nicht intendierten Interpretationen. Ohne die Informationen über die Angstattacke Munchs, die er verarbeitete, bezog ich die Reaktion der zentralen Figur immer auf die beiden dunklen Figuren im Hintergrund. Eine Idee, die ich hatte, ging in Richtung einer Sozialphobie, also einer Angstreaktion der Figur aufgrund der anderen. Häufiger aber sah ich mehr Verzweiflung als Angst. Entsprechend stellte ich mir den Weg, auf dem die Figuren sich befinden, als Rand einer Promenade vor, die voller Menschen ist, während die Zentralfigur vollkommen allein ist. Für mich passte Der Schrei immer gut zu Dostojewskis Aufzeichnungen aus dem Kellerloch.

Nach dieser Sicht auf das Bild wird der Bezug zu Matin Sorck erheblich deutlicher. Er ist ein Außenseiter durch und durch, leidet unter seinen Mitmenschen und würde sicherlich manchmal einfach losschreien. Natürlich hat er auch Angst. Er hat alles verloren, wo soll er hin? Man kann das Vorkommen des Bildes also als Unterstützung des Figurenverständnisses des Protagonisten verstehen, wenn man denn so weit interpretieren möchte.

Wie schon bei Picasso und Nick Alm verbaue ich mit Der Schrei aber auch eine alltägliche Ansicht, einen Teil meines Arbeitszimmers und meines Lebens in der Geschichte. Es verbindet die Welt von Sorck mit meiner eigenen. Und natürlich: ich mag das Bild sehr; die Dymanik, das Grauen, die Farben und die intensive, verzweifelt wirkende Pinselführung. Große Kunst wie große Literatur verarbeitet persönliche, individuelle Erfahrungen und Gefühle und wird genau dadurch für alle anderen verständlich. Das versuche ich mit meiner Arbeit, die ich allerdings noch nicht als „große Literatur“ bezeichnen würde, auch zu tun.

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellbar ist der Roman auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Das Taschenbuch kann man direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop bestellen.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu erhalten.

Sorck: Picassos Gitarrist

Wie bereits im Text über den Künstler Nick Alm bespreche ich heute ein weiteres Bild, das im Roman Sorck vorkommt. Diesmal ist der Maler bekannter und das Bild eventuell auch. Es handelt sich um den alten Gitarristen von Pablo Picasso (1881 – 1973).

Dieses Bild sorgt noch deutlicher für eine passende Hintergrundstimmung als The Great Implosion von Nick Alm. Gezeigt wird ein alter, blinder Gitarrist, der in gekrümmter Haltung im Schneidersitz mit seinem Instrument in der Hand an der Straße kauert. Abgesehen von der Gitarre ist das gesamte Bild in Blautönen, gemischt mit Grau und Schwarz, gehalten. Es wurde am Ende von Picassos Blauer Phase gemalt, die sich durch ihre tristen Motive (und natürlich die Farbgebung) auszeichnete. Picasso hatte vor Beginn der Blauen Phase einen guten Freund durch Selbstmord verloren und lebte in großer Armut. Entsprechend melancholisch stimmt der Anblick des alten Gitarristen und passt damit sehr gut zur zwischenzeitlich hoffnungslosen Stimmung des Protagonisten Martin Sorck.

Die erste Antwort auf die Frage, warum ich gerade dieses Bild in Sorck erwähnte, ist damit beantwortet. Eine weitere Antwort wäre, dass es eins meiner Lieblingsbilder ist. Ein Kunstdruck hängt an meiner Wand. Wenn ich also etwas, das ich täglich betrachte, in mein Buch einbaue, stecke ich auch ein bisschen mehr von mir selbst hinein. Viele Schichten liegen dazwischen und als Leser*in erkennt man mich nicht dahinter, doch das Bild ist im Buch, weil es hier hängt und es hängt hier, weil es zu mir passt.

Ein weiterer Aspekt ist der Fokus des Bildes auf die Kunst, hier in Form einer Gitarre. Der alte Mann ist angewiesen auf seine Kunst, um zu überleben, er klammert sich daran, wie es für Picasso vermutlich auch war. In meinem Leben ist die Kunst, diesmal als Literatur, ebenfalls im Zentrum. Alles andere ordnet sich konzentrisch darum.

Erwähne ich den alten Gitarristen in meinem Roman, handelt es sich also um Kunst in Kunst, um etwas über Kunst und Künstler auszusagen, wenn man so will. Schicht über Schicht über Schicht und Aussage in Aussage. Ich schreibe nicht über mich selbst, sondern erscheine hier und da in Details, die mich verraten.

Als letzten Punkt wäre noch zu erwähnen (wie schon bei Nick Alm), dass ich Dinge, die ich mag, gerne populärer machen möchte. Jeder kennt den Namen Picasso, aber nicht jeder kennt dieses Bild. Vielleicht tue ich ja jemandem etwas Gutes, indem ich ihn/sie auf Neues (oder neues Altes) aufmerksam mache. Nutzt man sozusagen das vollständige Potenzial meines Buches aus, wird es zu einem multimedialen Ereignis, das aus Literatur, Bildern, Filmen und Musik besteht. Auch wenn ich kein großer Technikfreund bin, kann es eine Menge bringen, das Smartphone in Griffweite zu haben, während man Bücher liest: Schlagt unbekannte Wörter nach, schaut euch angesprochene Bilder an und hört die erwähnte Musik! Ich habe unheimlich viel durch Bücher gelernt und möchte mit Sorck etwas weitergeben.

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellbar ist der Roman auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Das Taschenbuch kann man direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop bestellen.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu erhalten.

Sorck: Ein Zeitungsartikel

https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/matthias-thurau-34-aus-hombruch-hat-sein-erstes-buch-geschrieben–plus-1429473.html

Letzten Donnerstag wurde ich vom Journalisten Marc D. Wernicke von den Ruhrnachrichten besucht. Wie es dazu kam, wie ich es selbst erlebte und was ich noch ergänzen würde, erfahrt ihr in diesem Eintrag. Ich versuche es so einzurichten, dass man den Artikel nicht unbedingt gelesen haben muss, um meinen Text zu verstehen, da wohl nicht jeder sich dort anmelden möchte.

Fangen wir einfach mit dem Foto an, das ja jeder sehen kann. Abgesehen von meinem Blick, der mir etwas missfällt, kann man bereits viel über mich lernen. Ich trage ein Bandshirt der Band Boris und stehe vor zwei Regalen, von denen das eine voller Musik ist und das andere Ausgaben der Frankfurter Poetik-Vorlesungen, Kafkas Tagebücher und einige andere Bücher enthält.

Aber holen wir etwas aus: Um mein Buch Sorck zu promoten, habe ich mehrere lokale Zeitungen kontaktiert. Eine Weile später habe ich eine Email von Herrn Wernicke bekommen und wir verabredeten uns in meiner Wohnung. Auf diese Weise konnte er direkt meinen Arbeitsplatz sehen und einen Einblick in meinen Alltag gewinnen. Außerdem empfand ich den Treffpunkt als intimer und für ein Gespräch über mich und meine Arbeit geeigneter als beispielsweise ein Café. Nach der Terminvereinbarung folgte die Nervosität. Ich muss mich zu solchen Treffen zwingen, auch wenn ich weiß, dass ich es meistern werde. Es handelt sich um eine Notwendigkeit, die immer erst im Nachhinein als angenehm empfunden wird (wenn überhaupt). Also startete ich die größte Aufräum- und Putzaktion der letzten Jahre, was meine Wohnung vorzeigbarer machte, aber auch fast jedwedes kreative Chaos entfernte. Wenn ich schon Gäste erwarte, möchte ich auch, dass sie sich wohlfühlen. Daher schickte ich auch am Vormittag noch eine Warn-SMS raus, weil ich keinen Kaffee anzubieten vermochte.

Das Gespräch an sich verlief ruhig, sachlich und angenehm. Wir verstanden einander, was wohl auch daran lag, dass wir etwa gleich alt sind. Wie man es sich vorstellen würde, saß mir jemand mit einem kleinen Blick und Stift gegenüber und stellte Fragen. Ursprünglich wollte ich Antworten vorbereiten, aber ich ging korrekterweise davon aus, dass ich den meisten Fragen schon mindestens einmal begegnet war und improvisierte. Inzwischen kenne ich mein Buch und mich selbst gut genug, um vernünftig antworten zu können.

Meine Motivation hinter dem Schritt, an Zeitungen heranzutreten, war natürlich in erster Linie, dass ich Werbung brauchte. Zwar werbe ich auch bei Twitter und Instagram, arbeite mit Blogs zusammen und bin auf Lovelybooks vertreten. Allerdings habe ich häufig das Gefühl, dass die Literaturbubble insgesamt recht geschlossen ist. Ich wollte ein anderes Publikum erreichen. Sorck kann zwar von Personen jeder Altersstufe gelesen werden, ist aber eigentlich nicht als Jugendliteratur gedacht. Der Protagonist selbst ist 40+ Jahre alt und hat entsprechend viel hinter sich. Ich stelle mir vor, dass eine Leserschaft zwischen 25 und 50 am meisten vom Roman angesprochen werden. Außerdem ist das Buch für Leser*innen anspruchsvoller Literatur gedacht, von denen, so vermute ich, die meisten ihre Lektüre nicht online suchen. Entsprechend ergab es für mich Sinn, einen Teil der Leserschaft zuhause abzuholen und in einer Zeitung zu werben. Es geht mir also darum, mehr Menschen zu erreichen, die meinen Internetauftritt möglicherweise komplett verpassen. Die gleiche Motivation steckt hinter meiner Zusammenarbeit mit dem Laden Landgut, der lokale Lebensmittel vertreibt und nun auch mein Buch anbietet. Das Prinzip des Ladens und das Angebot sagen mir aber auch persönlich zu, so dass ich auch dafür werben würde, ohne Vorteile zu erwarten.

Übrigens habe ich erfahren, dass der Artikel online ist, als eine Freundin, von der ich lange nichts mehr gehört hatte, mir dazu gratulierte. Obwohl es eigentlich klar ist, merkte ich in dem Moment erst, dass ich tatsächlich Menschen mit dem Artikel erreichen könnte.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass es eine interessante und angenehme Erfahrung war, wenn ich die Nervosität in den Tagen davor verdränge. Es freut mich ungemein, dass meine Arbeit Interesse weckt und Menschen interessiert. Einen winzigen Einwand habe ich bloß gegen den Artikel: ich wollte niemals „etwas ganz anderes“ werden, sondern habe bloß einen Umweg eingeschlagen, um endlich dort anzukommen, wo ich eigentlich immer sein wollte.

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellbar ist der Roman auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Das Taschenbuch kann man direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop bestellen.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu erhalten.

Sorck: Der Künstler Nick Alm

Der Roman Sorck enthält etliche versteckte oder offene Hinweise auf Werke anderer Autoren, Philosophen, Musiker, Filmemacher und auch Maler. Unter anderem wird zwei mal auf den schwedischen Maler Nick Alm hingewiesen, einmal direkt und einmal versteckt. Was es damit auf sich hat und was ich persönlich mit der Kunst Nick Alms verbinde, werde ich in diesem Artikel näher erläutern.

Grundsätzlich ist die Idee hinter den vielen Hinweisen recht simpel: Ich möchte Dinge, die mir gefallen, unterstützen. Außerdem stellen die verbauten Kunstwerke (und noch viele weitere) einen großen Einfluss auf mich und meine Arbeit dar. Es ist also eine natürlich Kreisbewegung, wenn ich meine Werke mit Dingen anreichere, die mir geholfen haben, die Werke zu verfassen. Ein weiterer Punkt ist, dass manche Gefühlszustände von Figuren im Grunde nicht genau dargestellt werden können. Man sich der akkuraten Darstellung nicht akkurat ausdrückbarer Zustände jedoch annähern. Das geschieht beispielsweise in der Lyrik, wenn Gefühle erschaffen werden, ohne dass sie im Text beschrieben sind. In der Malerei geschieht dies im Grunde auch, nur mit anderen Mitteln. Erwähne ich also ein Kunstwerk, baue ich die Szenerie sowohl optisch (für das innere Auge) als auch emotional aus. Da natürlich nicht jede*r Leser*in die angesprochenen Werke kennt, ist dieser Effekt ein Bonus und nicht notwendig, um die entsprechenden Szenen zu verstehen. Es gibt keine Stellen, an denen es hieße „er fühlte sich wie der Typ in dem Bild“. Das wäre auch zu einfach.

In den nächsten Wochen werde ich noch andere verbaute Kunstwerke, Filme, Bücher und Songs besprechen. Heute fange ich mit Nick Alm an. Doch ein kurzer Hinweis vorweg: ich bin leider absolut kein Kunstexperte.

Vor einigen Jahren habe ich in Stockholm Urlaub gemacht und besuchte eine Kunstausstellung für junge schwedische Künstler. Das allererste Bild, das ich sah und das mich magisch anzog, war The Great Implosion von Nick Alm. Man findet es inzwischen problemlos online. Im Mittelpunkt des Bildes ist ein Mann, der den Betrachter direkt ansieht. (Ich bin immer davon ausgegangen, dass der Künstler sich selbst dargestellt hat, habe es aber nie überprüft. Die Vorstellung gefällt mir und ich möchte nicht enttäuscht werden.) Er sitzt an einem Tisch mit einem Whiskey in der Hand und mit zwei anderen Männern. Wie im Tanz bewegen sich Kellner und Kellnerinnen seitlich und hinter ihm. Entfernt im Hintergrund sieht man, was ich immer für den Hafen Stockholms hielt. Ein Schiff steht quer im Wasser, sinkt möglicherweise gerade. Es könnte die Wasa sein, ein Kriegsschiff, das der ganze Stolz der schwedischen Marine sein sollte, bis es nach wenigen Metern auf der ersten Fahrt und noch im Hafen versank. Versinkender Stolz, betrunkene Menschen und ein Blick, der halb fragend und halb herausfordernd in die Seele dringt. Das schien mir damals zu mir zu passen und passt eindeutig zu Sorck.

Die Traurigkeit, das verschwommen Traumhafte und eben der Alkohol im Bild machten es zu einer idealen Erweiterung und Vertiefung der Szenerie meines Romans. Außerdem liebe ich dieses Bild einfach. Die meisten Werke Alms gefallen mir sehr, aber mit diesem fing für mich alles an und noch heute fasziniert es mich.

Alms Bilder wirken häufig auf den ersten Blick realistisch und voller Details. Erst auf den zweiten Blick bemerkt man, dass das nicht stimmt. Die Übergänge zwischen den Figuren und Gegenständen sind verwischt und zum Rand hin verschwinden die Details wie in einem Nebel, das Bild wird dünner. Dadurch steuert er, glaube ich, wo die Betrachter hinschauen, wo der Fokus liegt. Außerdem verleiht es den Bildern in meinen Augen etwas Magisches, etwas Verschwommenes. Im Fall von The Great Implosion könnte man auch meinen, dass man einen ähnlichen Zustand hat wie die dargestellten Personen.

Möglicherweise konnte ich hier etwas verständlich machen, inwiefern das besprochene Kunstwerk in den Roman passt, mich beeinflusst hat und ein klein wenig sogar Martin Sorcks Innenwelt darstellt. Vielleicht konnte ich sogar den ein oder anderen für Nick Alm interessieren. Er hat die Aufmerksamkeit verdient, wie ich finde.

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellbar ist der Roman auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Das Taschenbuch kann man direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop bestellen.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu erhalten.

Sorck: Triggerwarnung

Triggerwarnung für den Roman Sorck.
Vorsicht: Spoiler!

In diesem Post steht nur die Liste möglicher Trigger meines Romans Sorck, damit sich Personen, die sich unsicher sind, ob das Buch ihnen schaden könnte, im Vorfeld informieren können. (Vorsicht: mögliche Spoiler!)
Alkohol- / Drogenkonsum

  • Äußerer Druck / Zwang
  • Blut
  • Enge Räume
  • Explizite Sprache
  • Gewalt / Waffen
  • Sex / BDSM
  • Suizidale / parasuizidale Figuren & Äußerungen
  • Übermäßiges Essen

Details zu den einzelnen Punkten finden sich hier: Sorck: Gedanken und Details zu möglichen Triggern

Sorck: Gedanken und Details zu möglichen Triggern

Mir ist etwas aufgefallen, das mir jetzt selbstverständlich erscheint, mir bisher aber einfach nicht bewusst geworden war. Zwar habe ich eine Triggerwarnung im Buch, aber nicht darauf und nicht in der Online-Beschreibung. Daher werde ich einen Beitrag einrichten, der die Liste möglicher Trigger beinhaltet, und ihn mit dem Buch verlinken. Bis diese Änderungen Effekt haben, wird es allerdings ein paar Tage dauern. In diesem Eintrag werde ich die Triggerwarnung besprechen, die ich für Sorck erstellt hatte. Möglicherweise klären sich dadurch Fragen, die durch eine zu allgemeine Formulierung entstanden sein könnten.

Im Folgenden werden sich Spoiler nicht verhindern lassen.

  •    Alkohol- / Drogenkonsum
  •    Äußerer Druck / Zwang
  •    Blut
  •    Enge Räume
  •    Explizite Sprache
  •    Gewalt / Waffen
  •    Sex / BDSM
  •    Suizidale / parasuizidale Figuren & Äußerungen
  •    Übermäßiges Essen

Das ist die Liste. Wenn man sie sieht, könnte man die schlimmsten Vorstellungen von Sorck bekommen. Die Wahrheit ist, ich war lieber zu vorsichtig als zu nachlässig beim Erstellen der Liste. Gehen wir also durch, was hinter den einzelnen Punkten steckt.

Alkohol- / Drogenkonsum: Der Protagonist trinkt viel (fast täglich, fast ganztägig), zeigt ein eindeutig problematisches Konsumverhalten. Andere Reisende treiben es ähnlich. An mehreren Stellen werden Passagiere zum Trinken gezwungen. Auf einer Feier nimmt Martin Sorck einen Drogen-Cocktail zu sich, der Halluzinationen auslöst und andere Wirkungen, die man von Speed oder Ecstasy kennt. Es kommen keine Spritzen, Nadeln, Injektionen usw. vor. Alles wird getrunken oder durch die Nase gezogen. Die Drogen spielen nur in der einen Szene eine Rolle, dort wird die Wirkung allerdings ausführlich gezeigt.

Äußerer Druck / Zwang: Einerseits kommen Szenen vor, in der ein militärischer Ton herrscht und Befehle gebrüllt werden. Andererseits denke ich speziell an eine Szene, in der ein Mann unter Druck gesetzt, bedroht und befragt wird bei einer Einreisekontrolle. Die Umgebung ist bedrohlich (bewaffnete Soldaten, kein Wegkommen). Wie bereits im vorherigen Punkt erwähnt, werden Passagiere beispielsweise zum Alkoholkonsum gezwungen (durch Blicke oder weil sie sonst nicht weggelassen werden). An einer Stelle wird eine schwächere Person von zwei körperlich Überlegenen in die Enge gedrängt. In einer anderen (sehr kurzen) Szene wird jemand geschlagen und erniedrigt.

Blut: Sorck enthält viele Bilder aus dem militärischen Bereich. Diese sind aber allesamt skurril und übertrieben und nicht realistisch. Eine Szene enthält allerdings explizite Darstellung von Gewalt (mit einem Messer). Wenn mein Gedächtnis mich jetzt nicht im Stich lässt, ist dies die einzige Szene, in der Blut vorkommt.

Enge Räume: Der Protagonist verläuft sich, geht durch enge Tunnel und wird durch einen sehr schmalen Gang gedrängt im Laufe des Buches. Die intensivste Szene stellt eine zusammengedrängte Menschenmenge dar, in der Panik aufkommt. Es wird nicht bis ins letzte Detail dargestellt, was passiert, aber die Enge und die Angst treten deutlich zutage.

Explizite Sprache: Ob dieser Punkt in die Liste gehört, weiß ich nicht. Ich dachte an amerikanische Medien, in denen davor gewarnt wird, und fügte ihn hinzu. Es geht um einige wenige Begriffe aus der Fäkalsprache.

Gewalt / Waffen: Die wichtigsten Informationen hierzu stehen bereits unter dem Punkt Blut. Militärische Aktionen, Messer, Schusswaffen und Bomben / Explosionen tauchen auf. Es handelt sich hierbei um ein zentrales Element, das häufig wiederkehrt, aber nicht realistisch (im Sinne von: nicht wie in einem Kriegsfilm) dargestellt wird. Touristen erobern ihre Besuchsziele.

Sex / BDSM: Es gibt genau eine Sexszene und die empfinde ich selbst als witzig, weil sie ein bisschen danebengeht. BDSM erscheint nicht in expliziter Darstellung, sondern in manchen Formulierungen, Bildern und Metaphern (eine Offizierin im Domina-Outfit, ein Kellner im Hänge-Bondage mit Ballgag). Sorck ist absolut kein Fifty Shades of Grey. Zu diesem Punkt muss ich sagen, dass ich keinen besseren Oberbegriff gefunden hatte. Wer jedoch große Probleme mit dem gesamten BDSM-Themenbereich hat, sollte vorsichtig sein.

Suizidale / parasuizidale Figuren & Äußerungen: Das hier sollte man ernst nehmen! Martin Sorck spricht deutlich von Selbstmord und es bleibt den gesamten Roman über unsicher, ob er sich am Ende das Leben nehmen wird oder nicht. Es kommen keine Selbstmordversuche vor. Der Protagonist ist jedoch an manchen Stellen mindestens gleichgültig dem Leben und seiner Gesundheit gegenüber, denkt offen über das Thema nach und erwägt Suizid als Option.

Übermäßiges Essen: Wie beim Alkohol ist auch hier häufig kein gesundes Maß mehr zu erkennen. Menschen (auch Martin Sorck) stürmen die Buffets und essen gelegentlich, bis ihnen schlecht wird und darüber hinaus.

Mir ist bewusst, dass manche Punkte ungewöhnlich erscheinen mögen in einer Liste mit möglichen Triggern. Das möchte ich kurz erklären. Üblicherweise lese ich den Begriff Trigger immer nur im Bezug auf Angststörungen oder Depressionen, weshalb Warnungen vor Suizidgedanken, Blut, Waffen, Gewalt und engen Räumen ganz klar auf die Liste gehören. Ich selbst hatte in meinem Leben aber viel mit Sucht und Süchtigen zu tun und weiß aus Erfahrung, dass es beispielsweise für trockene Alkoholiker ebenfalls Auslöser gibt, die zu Suchtdruck und Zuständen ähnlich wie Panikattacken führen können. Daher fügte ich Punkte hinzu, die relevant für Suchtproblematiken sind (Alkohol, Drogen, Essen).

Wer dennoch (oder gerade jetzt) Interesse an Sorck hat, könnte die folgenden Links hilfreich finden:

Eine Leseprobe des Romans gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellbar ist der Roman auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.

Sorck: Vorlage und Sinnzusammenhang

Der Reiseroman Sorck ist ein fiktionales Werk. Daran gibt es keinen Zweifel. Wie es bei vielen fiktiven Geschichten allerdings der Fall ist, hat das Werk etliche Wurzeln in der Realität und greift Geschehnisse auf, die wirklich passiert sind. In diesem Eintrag soll es weniger um die konkreten Vorlagen für Szenen des Buches gehen, sondern mehr um die Idee von Sinnzusammenhängen in der Literatur, wo in der Realität keine bestehen. Dennoch könnte es mir passieren, dass minimal gespoilert wird.

Wer Sorck gelesen hat, weiß, dass meine Reise auf einem Kreuzfahrtschiff niemals so ausgesehen haben kann. Die Reise an sich, also eine Kreuzfahrt mit Landgängen an den im Buch vorkommenden Stellen und Besuchen in den meisten der beschriebenen Orte, habe ich 2013 mit meinem Bruder und meinen Eltern gemacht. Damals hatte ich noch keine Ahnung, dass ich einmal einen Roman darauf fußen lassen würde. Ansonsten hätte ich vermutlich mehr Fotos geschossen und mehr Notizen gemacht. Mein Bruder und ich teilten uns eine Innenkabine, ähnlich der, die Martin Sorck im Buch bewohnt. Ich kann mich an keinen Reisetag erinnern, an dem ich mich nicht in den Schiffsbars betrunken hätte, also wäre die Parallele ebenfalls abgehakt. Niemand wird ernsthaft gedacht haben, dass ich mir so viel Suff zusammenspinne, um eine Figur zu zeichnen, oder? Eines Nachts kam ich in die Kabine zurück und mein Bruder schlief bereits. Als ich das Licht anmachte, wachte er halb auf und schlug mehrmals auf das Bild eines Sonnenaufgangs an der Wand, weil er im Halbschlaf dort die Lichtquelle vermutete. Das könnte der Ursprung meiner Idee des Wandbildes im Roman gewesen sein. Leider basieren einige Szenen, die im Buch allerdings massiv überspitzt wurden, ebenfalls auf Erlebnissen. Das Ende des Besuchs im Petersburger Museum kommt in Sorck tatsächlich extrem nahe an das heran, was damals dort geschah. Eduardo hat ebenfalls eine reale Vorlage in einem sehr sympathischen Kellner, den ich leider nicht näher kennenlernte.

Wie bereits gesagt, habe ich alle realen Vorlagen überspitzt, verändert und erweitert, ihnen einen anderen Rahmen verpasst und Geschehnisse hinzuerfunden. Der Roman hat mit den Geschehnissen, die ich erlebte, so viel zu tun, wie ein Haus mit einem Berg, aus dem die Mauersteine geschlagen wurden.

Doch was, wenn ich alle Geschehnisse nacherzählt hätte, wie ich sie erlebte? Das wäre eine Autobiographie. Stelle ich aber einen Erzähler dazwischen und eine Figur, die nicht ich bin – das sollte ich hier ganz deutlich sagen: Martin Sorck bin nicht ich, auf den Gedanken sollte hier niemand verfallen –, ändert sich alles. Dadurch, dass aus einem realen Geschehnis das Erlebnis einer fiktiven Figur wird, wird auch das Geschehnis fiktiv und steht in anderem Kontext. In der Realität gehorchen Geschehnisse lediglich den Gesetzen der Kausalität – Newton sitzt unter dem Baum, es ist windig, der Apfel wurde ausreichend geschüttelt und ist reif genug, also fällt er herunter –, während in der Literatur den gleichen Geschehnissen ein Sinn zugeordnet wird: Newton musste exakt dort sitzen, der Apfel fiel nicht zufällig, sondern nur und mit dem vorgefassten Plan, der Figur Newton die Idee der Gravitationsgesetze einzuhämmern. Betrinkt sich der Autor Matthias Thurau auf einem Kreuzfahrtschiff, sagt das vielleicht etwas über seinen Charakter und sein Leben aus, aber ist keineswegs notwendig für sein weiteres Leben, nicht geplant, nicht Teil eines größeren Sinnzusammenhangs. Betrinkt sich die Figur Martin Sorck, hat das einen Sinn und kann innerhalb des Kontexts des Romans verstanden werden. Das, was wir Schicksal nennen, ist in der Literatur Standard, während es in der Realität bloß die Hoffnung auf eine Bedeutung unserer Existenz ausdrückt. Möglicherweise entstand die Literatur aus dem gleichen Gedanken und hat daher diese Parallelen. Tschechows Gewehr besagt, dass ein Gewehr (→ irgendein Gegenstand, Bestandteil), das am Anfang der Geschichte an der Wand hängt (→ auftaucht, erwähnt wird), spätestens am Ende der Geschichte zum Einsatz kommen muss (→ nicht überflüssig sein darf). In der Realität ist ein Gewehr bloß ein Gewehr – ohne Gewehr gibt es keinen Tod durch Erschießen, aber nur weil die Waffe vorhanden ist, bedeutet das nicht, dass unbedingt jemand sie benutzen muss (oder, um es komplizierter zu machen, es eine besondere Bedeutung hätte, wenn jemand es eben nicht benutzt). Dieses Spiel der Bedeutungen von Dingen, die im echten Leben bedeutungslos sind, habe ich im Roman hier und da auf die Spitze getrieben und beispielsweise Sinn in Zahlen (Zimmernummern etc.) codiert.

Eine Bemerkung zu einem Effekt, den ich immer interessant fand und der an das Thema anschließt: Das Leben eines Menschen wird gerne von seinem Tod oder seinen Lebenshöhepunkten aus interpretiert. Sartre verstand das bereits als Kind (oder behauptete dies in Die Wörter). Er zitierte Zeilen aus Büchern, die er nicht verstand, oder sagte kryptische Dinge, die keinen Sinn hatten, aber so klangen, als hätten sie welchen, mit dem spezifischen Ziel, den Erwachsenen die Erinnerung daran zu geben, dass er bereits als Kind dazu auserkoren war, ein Schriftsteller und Philosoph zu werden. Vor einiger Zeit hörte ich im Radio von einem Fußballer, der bereits als Kind und Jugendlicher lieber Fußball gespielt hat, als zur Schule zu gehen. Hier spürt man es deutlicher als bei Sartre: es gibt unzählige Kinder und Jugendliche, die lieber Fußball spielen, als zur Schule zu gehen. Aus den meisten wird aber kein Profi. Aus Sartre hätte auch kein Schriftsteller werden müssen. Die Bedeutung wird erst im Nachhinein hinzugedichtet. Jede Biographie berühmter Menschen arbeitet damit. Es hätte aber auch ganz anders kommen können. Nur in der Kunst gibt es einen höheren Sinn auch in den kleinsten Dingen. Das ist einer der vielen Gründe, warum ich die Literatur der Realität vorziehe.

Eine Leseprobe des Romans gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellbar ist der Roman auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.

Sorck: Die Dachbodenszene

Achtung: Spoiler! Die Szene, die ich besprechen werde, verrät wenig über den Plot. Wer aber den gesamten Roman frisch und ohne jeden Hinweis kennenlernen möchte, sollte nicht weiterlesen.

Protagonist Martin Sorck entdeckt auf dem Schiff eine Leiter und steigt sie hinauf. Er stößt eine Luke auf und entdeckt einen Dachboden, bleibt aber auf der Leiter stehen, anstatt hineinzusteigen. An einer Wand hängen Bilder, gegenüber ist eine Holzplatte mit Notizzetteln an gelehnt. Kurz gefasst: Martin sieht sich um, wird von der Angst gepackt und flüchtet.

Wer bis zu dieser Szene gelesen hat, weiß, dass sich der Roman nicht treu an der Realität orientiert. Allerdings kann man immer die Frage stellen, wessen Realität man denn nun meint. Was Martin Sorck auf dem Dachboden, den es so sicherlich auf keinem Kreuzfahrtschiff geben wird, entdeckt, ist eine Erkenntnis, die für ihn verboten ist. Er sieht mein Arbeitszimmer, in dem seine Geschichte entstanden ist. Der Raum ist verstaubt und verlassen, denn das Buch ist fertig und diese Version des Zimmers existiert nicht mehr, aber dennoch ist es der gleiche Raum, in dem ich jetzt gerade sitze. Es gibt mehrere Gründe für die Szene und ihre Positionierung im Buch. Den Dachboden findet Martin, während er durch labyrinthische Gänge irrt. In der Mitte des Labyrinths wartete schon immer das, was die Besucher finden oder die Erbauer einsperren wollten (z.B. der Minotaurus). Betrachten wir es von beiden Richtungen aus: Sorck sucht eine Bar in der Szene, aber eigentlich sucht er Erkenntnis und mehr noch Lebenssinn, notfalls Gott. Aber es ist für einen Menschen nicht möglich, einen höheren Sinn zu erkennen, Gott zu beweisen (das Gegenteil logischerweise auch nicht) oder das System vollends zu verstehen, dessen Teil er ist. Martin Sorck findet in dieser Szene Antworten auf alles, was er wissen möchte: Woher kommt er? Wieso ist er, wie er ist? Warum muss er all das durchstehen? Wie wird es enden? Wie fing es an? Aber versteht es nicht und er flieht. Er denkt nicht mehr an das Zimmer zurück, vergisst es schnell wieder, kann nichts damit anfangen und fürchtet sich davor. Die Erkenntnis, vor der er stand, ist zu groß für ihn. Würden wir in Gottes Werkstatt blicken, bekämen wir Angst und auch verstünden nicht mehr. Aus der anderen Richtung betrachtet: Was verstecke ich im Zentrum des Labyrinths, also im Kern meiner Geschichte? Mich selbst natürlich. Ich bin der Monster, das in der Mitte lauert. Was für mich Gott wäre, bin für Martin Sorck ich. Auch an anderer Stelle habe ich Hinweise auf Schöpfungsmythen eingestreut, um die Verbindung von Kreativität und Schöpfung darzustellen. Die Verbindung zwischen Sorck und mir geht immer in zwei Richtungen. Martin Sorck sucht einen Lebenssinn, während das Schreiben (und damit die Schöpfung Martin Sorcks) für mich einen Lebenssinn darstellt. Die Götter erschaffen die Menschheit, um angebetet zu werden, um sich selbst zu bestätigen und um etwas zu tun zu haben. Auch ohne diese Szene wären die Realitäten unentwirrbar verknüpft. Die Erschaffung der fiktiven Realität beeinflusst meine eigene. Veränderungen in meiner Realität beeinflussen die fiktive. Es ist ein ständiges Spiel. Die Dachbodenszene betont diesen Aspekt. Irgendwann erkläre ich ein Werk für abgeschlossen und ich beeinflusse es nicht weiter. Ab dem Zeitpunkt beginnt es, anderen zur Verfügung gestellt, weitere Menschen meiner Welt anzusprechen, deren Reaktionen mich wieder angehen. All diese Einflüsse kommen im nächsten Werk zusammen und endlos immer so weiter. Eine Welt wird erschaffen, die untrennbar mit der über ihr stehenden Ebene oder Welt in Verbindung steht. Ultimativ wird dadurch eine neue und bessere Welt entstehen.

Die Vorstellung, dass ich als Erschaffer wie eine Spinne im Zentrum der Geschichte sitze, gefällt mir. Auch wenn ein Werk nichts über die Autorin oder den Autoren aussagen soll, tut sie es dennoch. Immer dreht sich eine Geschichte um die Person, die sie erfindet. Ich saß lange in dem Dachbodenzimmer im Zentrum von Sorck und ein Teil von mir wird immer dort bleiben, aber die neue Version von mir, die aus Sorck gelernt hat, spinnt längst ein neues Netz.

Ist der Gedankengang abstrus und wird daher den wenigsten Leser*innen auch nur entfernt bei der Lektüre in den Sinn kommen? Ja, natürlich. Aber es ist doch so: Was ich schreibe und sagen will, ist meine Sache. Was ihr versteht und für euch mitnehmt, ist eure.

Eine Leseprobe des Romans gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Einen ausführlicheren Artikel findet ihr hier: Sorck – Unsortierte Infos zum Debütroman

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellen könnt ihr Sorck auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.

Sorck: Rauschmittel

In Sorck wird nicht wenig getrunken und auch andere Rauschmittel kommen vor. Hier möchte ich einige Gedanken zu Alkohol und Drogen in der Literatur loswerden. Zuallererst sollte jedoch angemerkt werden, dass Rauschmittel in der Literatur und auch sonst nicht unnötig verherrlicht werden sollten. Außerdem hilft es vielleicht meiner Glaubwürdigkeit, wenn ich vorab zugebe, dass ich in meinem Leben eine ganze Menge (um nicht zu sagen zu viele) Erfahrungen mit Rauschmitteln gemacht habe.

Eine positive Darstellung des Rausches an sich betrachte ich noch nicht als Verherrlichung. Es steht wohl außer Frage, dass sich ein gelungener Rausch gut anfühlt. Sonst gäbe es ein sehr viel kleineres Suchtproblem. Wichtig ist aber, dass auch die Kosten für einen solchen Rausch beschrieben werden. An einer Stelle ist das in Sorck umgesetzt: großer Rausch, hohe Kosten. Auf Details der Behandlung des Suchtmittel-Themas im Roman gehe ich an dieser Stelle nicht ein, werde es aber noch nachholen, wenn ausreichend Zeit seit der Veröffentlichung verstrichen sein wird.

In der Literatur werden Bestandteile der Handlung häufig mit Hintergedanken (z.B. als Symbole) eingesetzt oder als Interpretationsansatz angeboten. Die Verwendung von Rauschmitteln innerhalb einer Geschichte kann die Quelle einer Vielzahl von daraus resultierenden Lesarten sein. Natürlich kann schlicht das Thema Sucht besprochen werden, was ich persönlich als legitim und sogar wichtig empfinde. Der nächste Schritt wäre, von Sucht zu Abhängigkeit allgemein zu springen. Kann beispielsweise der Genuss (besser: Konsum) von Rauschmitteln in einem bestimmten Kontext ein Hinweis sein auf eine abhängige, ungesunde Beziehung (Figur A schreit, Figur B trinkt Wein)? Sind die Drogen in Brave New World auch als Symbol der Abhängigkeit der Bürger vom Staat und dadurch der beinahe uneingeschränkten Kontrolle des Staates über die Bürger zu interpretieren?

Es kommt natürlich auf die Ausmaße, Regelmäßigkeit und die Wirkung der Drogen an, wenn es um eine tiefere Analyse geht. Das tägliche triste Feierabendbier, das ohne Rausch und gewohnheitsmäßig konsumiert wird, eignet sich als unterschwelliger Hinweis auf Abhängigkeit, aber besser auf schlechte Gewohnheiten im Allgemeinen und noch besser als Symbol für Abgestumpftheit und Fatalismus. Die von der Werbung verkaufte Entspannung durch eine Flasche Bier sollte man in der Literatur enttarnen und nicht noch weiter untermauern. Wir verbreiten Wahrheit, nicht Werbung! Jeden Abend zu trinken (auch wenn es nur ein oder zwei Flaschen Bier sind), ist Selbstzerstörung. Tut man es vermeintlich zur Entspannung, ist es unbewusste Selbstzerstörung. Denn wer ernsthaft täglich Alkohol braucht, um runterzukommen, hat ein Problem. Als Hinweis auf selbstzerstörerische, möglicherweise (para)suizidale Tendenzen einer Figur kann Rauschmittelkonsum also ebenfalls verwendet werden.

Kommen wir zu einem ganz anderen Aspekt: Realitätsverschiebung. Daniel Kehlmann beherrscht sein Handwerk zweifelsohne. Was mich allerdings mehrfach besonders beeindruckte, waren Geschichten, in denen er schleichend die Realität verzerrt, anfangs höchstens durch ein unbewusstes Gefühl bemerkbar, und sie weiter und weiter verändert, bis es nicht mehr zu übersehen ist, dass etwas nicht stimmt. Dann wird manchmal der Leserin/dem Leser die Auflösung in Form eines Hinweises auf Drogen gegeben. In anderen Fällen hat man plötzlich die Aufgabe, selbständig zu interpretieren. Zweiteres ist mir am liebsten.

Eine verwandte Möglichkeit der Nutzung von Rauschmitteln in Geschichten ist, sie als Interpretationsansatz anzubieten, aber ohne sie als eindeutige Erklärung hinzustellen. Die Entscheidung bleibt beim Leser. Stellen wir uns eine Figur vor, die immer müde ist, möglicherweise psychische Probleme hat und gelegentlich Drogen nimmt. Sieht diese Figur nun ungewöhnliche Dinge, entstehen sofort mehrere gleich gültige (nicht gleichgültige) Lesarten:
1. Die Dinge geschehen wirklich;
2. Die Figur ist auf einem Trip (→ Halluzinationen);
3. Die Figur nimmt die Realität falsch wahr (→ unzuverlässig, schwammig, aufgrund von Müdigkeit);
4. Die Figur interpretiert die Realität falsch (→ z.B. paranoid: glaubt, alle Leute blicken sie an, während sie das eigentlich nicht tun);
5. Der Erzähler lügt (→ unzuverlässige Erzähler sind selten, aber es gibt sie); weitere Möglichkeiten lassen sich sicherlich finden und jede einzelne hat Auswirkungen für das Gesamtverständnis des Textes.

Drogen, Rausch, Kater, Abhängigkeit und alles, was noch daran hängt, war oder ist Teil meines Lebens und wird sich in meinen Geschichten wiederfinden. Entsprechend halte ich es, wie bereits anfangs erwähnt, für legitim und manchmal sogar notwendig, darüber zu schreiben. Sorck habe ich eine Triggerwarnung hinzugefügt, in der unter anderem Drogen und Alkohol erwähnt werden. Mir ist bewusst, dass Trigger sich eigentlich nicht auf Suchtproblematik beziehen, sondern auf Angststörungen. Dennoch können Personen, die abhängig sind oder waren, von Auslösern (wie der Beschreibung eines Rausches) in große Schwierigkeiten (Heulkrämpfe, Suchtdruck, Panikattacken etc.) gestürzt werden. Daher halte ich es für angebracht, auch auf solche Elemente hinzuweisen. Ich hoffe sehr, dass Leser*innen die Szenen, in denen Rauschmittelkonsum vorkommt, nicht als Verherrlichung missverstehen, sondern sie (ungefähr) so auffassen, wie ich sie meinte.

Eine Leseprobe des Romans gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Einen ausführlicheren Artikel findet ihr hier: Sorck – Unsortierte Infos zum Debütroman

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellen könnt ihr Sorck auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.

Sorck: Warum Humor?

Sorck behandelt kein leichtes Thema und stellt mit Martin Sorck einen Protagonisten vor, dem es, ganz allgemein gesagt, nicht gut geht. Dennoch ziehen sich humoristische Elemente durch das ganze Werk. Warum ist das so?

Kurze Antwort: Weil Humor das Leben erträglich macht.

Möchte man eine ausführliche Antwort haben, sollte man zwei Aspekte betrachten, die ich hier behandeln möchte: Humor und Lächerlichkeit. Eine Lektüre, die von Anfang bis Ende trist und deprimierend ist, wirkt meiner Meinung nach weniger stark als eine, die gute Laune aufbaut, um sie dann zu ruinieren. Je höher man läuft, desto tiefer kann man stürzen. Als gutes Beispiel für eine solche Technik fällt mir der Film Die Kunst des negativen Denkens ein, der den Zuschauer zum Lachen bringt, um ihn im nächsten Moment emotional zu zerschmettern. Bei mir als Rezipient wirkt das ausgesprochen effektiv. Als Autor kann ich dies leider noch nicht in solchem Ausmaß umsetzen, aber es interessiert mich. Eine solche Lenkung der Leserschaft muss ich mir erst noch antrainieren.

Ein wichtigerer Aspekt für mich war, dass Humor hilft, schwierige Themen zu vermitteln, ohne zu schwerfällig zu wirken. Natürlich verdienen derartige Themen eine ernsthafte Behandlung, verdienen es ernst genommen zu werden. Um aber Menschen zu erreichen, sollte man sie nicht mit zu großem Ernst abschrecken. Daher kann eine Erzählweise mit einem zwinkernden Auge durchaus hilfreich sein.

Es gibt einen interessanten Effekt, sobald man realisiert, dass hinter etwas, über das man gelacht hat, eine Ebene verbirgt, die eine gegenteilige emotionale Reaktion auslöst. In gewisser Weise kann man das bei schwarzem Humor beobachten. Für so manchen sind Witze dieses Spektrums nicht zum Lachen, da sie einen größeren Fokus auf den Hintergrund richten als auf die Oberfläche des Witzes. Ausgereifter ist es bei der Satire. Es wird ein Scherz gemacht, der eine Wahrheit verzerrt oder zu verbergen scheint und dadurch verstärkt. Gute Satire bringt dich zunächst zum Lachen und bleibt dann wie ein Stachel zurück, der dich noch eine ganze Weile quält. Vielleicht ist es so, weil man ein schlechtes Gewissen hat, dass man gelacht hat, oder wegen der Vermischung unterschiedlicher Reaktionen (haha – oh) oder aber, weil man für einen Moment die eigenen Schutzmaßnahmen fürs Lachen fallen lässt. Der Grund spielt keine Rolle, solange es funktioniert.

Kommen wir zur Lächerlichkeit. Schaut man sich in der Welt um und betrachtet, was Menschen tun und sagen und was ihnen wichtig ist, so kommt man häufig nicht darum herum, diese Dinge albern zu finden. Dabei handelt es sich natürlich um eine gänzlich subjektive Ansicht. Aber ich behaupte, dass (fast) jeder in (fast) allem lächerliche Aspekte entdecken kann. Manche sind nur offensichtlicher als andere. Schwingen sich Deutsche gehobenen Alters auf Segways, um eine mittelalterliche Stadt zu erkunden, und fahren als dichter Schwarm durch die Straßen, verbirgt sich die Lächerlichkeit nicht besonders tief unter der Oberfläche. Doch auch andere Situationen haben zum Glück ihre albernen Aspekte. Wenn der Suchtdruck einen trockenen Alkoholiker packt und er sich in hartem, deprimierendem Kampf gegen die niemals wieder verschwindende Abhängigkeit wehrt und ihm dann der Gedanke Das Nervigste daran, trocken zu sein, ist eigentlich, dass man nicht mehr trinken kann durch den Kopf schießt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er über sich selbst und seine Situation lachen kann. Wer das Leben zu ernst nimmt, hat verloren. Ohne Humor ist es nicht zu ertragen. Und noch eine Phrase: es gibt kaum etwas Befreienderes in den schlimmsten Momenten des Lebens, als über sich selbst und die Gesamtsituation lachen zu können.

Martin Sorck weiß das und der Erzähler, der seine Geschichte weitergibt, weiß das ebenfalls. Daher darf (und sollte manchmal) die Realität bis ins Lächerliche überzeichnet werden, um gleichzeitig die Wahrheit zu sagen und aufzuzeigen, wie sie ausgehalten werden kann.

Eine Leseprobe des Romans gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Einen ausführlicheren Artikel findet ihr hier: Sorck – Unsortierte Infos zum Debütroman

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellen könnt ihr Sorck auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.