Sorck: Warum Humor?

Sorck behandelt kein leichtes Thema und stellt mit Martin Sorck einen Protagonisten vor, dem es, ganz allgemein gesagt, nicht gut geht. Dennoch ziehen sich humoristische Elemente durch das ganze Werk. Warum ist das so?

Kurze Antwort: Weil Humor das Leben erträglich macht.

Möchte man eine ausführliche Antwort haben, sollte man zwei Aspekte betrachten, die ich hier behandeln möchte: Humor und Lächerlichkeit. Eine Lektüre, die von Anfang bis Ende trist und deprimierend ist, wirkt meiner Meinung nach weniger stark als eine, die gute Laune aufbaut, um sie dann zu ruinieren. Je höher man läuft, desto tiefer kann man stürzen. Als gutes Beispiel für eine solche Technik fällt mir der Film Die Kunst des negativen Denkens ein, der den Zuschauer zum Lachen bringt, um ihn im nächsten Moment emotional zu zerschmettern. Bei mir als Rezipient wirkt das ausgesprochen effektiv. Als Autor kann ich dies leider noch nicht in solchem Ausmaß umsetzen, aber es interessiert mich. Eine solche Lenkung der Leserschaft muss ich mir erst noch antrainieren.

Ein wichtigerer Aspekt für mich war, dass Humor hilft, schwierige Themen zu vermitteln, ohne zu schwerfällig zu wirken. Natürlich verdienen derartige Themen eine ernsthafte Behandlung, verdienen es ernst genommen zu werden. Um aber Menschen zu erreichen, sollte man sie nicht mit zu großem Ernst abschrecken. Daher kann eine Erzählweise mit einem zwinkernden Auge durchaus hilfreich sein.

Es gibt einen interessanten Effekt, sobald man realisiert, dass hinter etwas, über das man gelacht hat, eine Ebene verbirgt, die eine gegenteilige emotionale Reaktion auslöst. In gewisser Weise kann man das bei schwarzem Humor beobachten. Für so manchen sind Witze dieses Spektrums nicht zum Lachen, da sie einen größeren Fokus auf den Hintergrund richten als auf die Oberfläche des Witzes. Ausgereifter ist es bei der Satire. Es wird ein Scherz gemacht, der eine Wahrheit verzerrt oder zu verbergen scheint und dadurch verstärkt. Gute Satire bringt dich zunächst zum Lachen und bleibt dann wie ein Stachel zurück, der dich noch eine ganze Weile quält. Vielleicht ist es so, weil man ein schlechtes Gewissen hat, dass man gelacht hat, oder wegen der Vermischung unterschiedlicher Reaktionen (haha – oh) oder aber, weil man für einen Moment die eigenen Schutzmaßnahmen fürs Lachen fallen lässt. Der Grund spielt keine Rolle, solange es funktioniert.

Kommen wir zur Lächerlichkeit. Schaut man sich in der Welt um und betrachtet, was Menschen tun und sagen und was ihnen wichtig ist, so kommt man häufig nicht darum herum, diese Dinge albern zu finden. Dabei handelt es sich natürlich um eine gänzlich subjektive Ansicht. Aber ich behaupte, dass (fast) jeder in (fast) allem lächerliche Aspekte entdecken kann. Manche sind nur offensichtlicher als andere. Schwingen sich Deutsche gehobenen Alters auf Segways, um eine mittelalterliche Stadt zu erkunden, und fahren als dichter Schwarm durch die Straßen, verbirgt sich die Lächerlichkeit nicht besonders tief unter der Oberfläche. Doch auch andere Situationen haben zum Glück ihre albernen Aspekte. Wenn der Suchtdruck einen trockenen Alkoholiker packt und er sich in hartem, deprimierendem Kampf gegen die niemals wieder verschwindende Abhängigkeit wehrt und ihm dann der Gedanke Das Nervigste daran, trocken zu sein, ist eigentlich, dass man nicht mehr trinken kann durch den Kopf schießt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er über sich selbst und seine Situation lachen kann. Wer das Leben zu ernst nimmt, hat verloren. Ohne Humor ist es nicht zu ertragen. Und noch eine Phrase: es gibt kaum etwas Befreienderes in den schlimmsten Momenten des Lebens, als über sich selbst und die Gesamtsituation lachen zu können.

Martin Sorck weiß das und der Erzähler, der seine Geschichte weitergibt, weiß das ebenfalls. Daher darf (und sollte manchmal) die Realität bis ins Lächerliche überzeichnet werden, um gleichzeitig die Wahrheit zu sagen und aufzuzeigen, wie sie ausgehalten werden kann.

Eine Leseprobe des Romans gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Einen ausführlicheren Artikel findet ihr hier: Sorck – Unsortierte Infos zum Debütroman

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellen könnt ihr Sorck auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.

Sorck: Das Cover

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Das erste, was jede*r potentielle Leser*in von einem Buch sieht, ist das Cover. Ein kurzer Blick und schon ist eine Entscheidung gefallen: näher hinsehen oder weiterscrollen. Daher gilt es in diesem Bereich vieles zu beachten. In diesem Beitrag möchte ich die Geschichte hinter dem Buchcover von Sorck erzählen.

Es gibt Konventionen für jedes Genre, wie ein Buch ungefähr auszusehen hat. Jeder erkennt beispielsweise Fantasy-Cover an Schwertern/Äxten und verschnörkelter Schrift. Dummerweise rutscht mein Roman ein bisschen zwischen die Stühle, was eine Genreeinordnung betrifft. Es handelt sich um einen Reiseroman, aber wer dabei an das Traumschiff oder Beschreibungen hübscher Örtchen an der Küste denkt, wird massiv enttäuscht werden. Als anspruchsvoll und witzig, absurdistisch und satirisch oder skurril könnte man Sorck beschreiben. Entsprechend schwierig gestaltete sich die Findung eines Bildes und eines Aufbaus, um das alles zu repräsentieren.

Ursprünglich wollte ich einen Aufbau haben, der an die anspruchsvolleren Bücher von Rowohlt, Suhrkamp und Fischer erinnert: ein Bild (meist schwarz/weiß und ohne großen inhaltlichen Bezug) in der oberen Hälfte, unten einfarbig (rot oder grau), in der Mitte der Autorenname in serifenloser Schrift und in der unteren Hälfte der Titel. Das direkte Vorbild war dabei Der Fremde von Albert Camus. Als Bild hatte ich die Anfangsszene, wie sie auch in der Leseprobe nachzulesen ist, im Kopf. Der Protagonist steht mit zwei Koffern vor einem brennenden Gebäude, Sicht von hinten auf ihn. Dieses Coverbild sollte idealerweise etwas verschwommen gemalt sein, beispielsweise mit Wasserfarben. Um ehrlich und fair zu sein, waren diese Ideen noch nicht wirklich ausgereift und wurden entsprechend schwammig kommuniziert. Daher waren die ersten Ergebnisse und Entwürfe auch nicht wirklich nach meinem Geschmack. Allerdings fand sich eine gute Variation des ursprünglichen Bildes, nämlich die Konzentration auf die Figur und den Schatten, der vom Feuer geworfen wird. Diese Idee verfolgten wir weiter, entschieden jedoch, auf Fotos umzusatteln. Nach Testaufnahmen machten wir eine Reihe richtiger Fotos – und ja, das bin ich auf dem Cover. Noch immer stand allerdings der oben beschriebene Aufbau (obere Hälfte Bild, untere einfarbig). Bei der Begutachtung der Fotos fiel mir plötzlich der eigentlich offensichtliche Zusammenhang zwischen den verschiedenen Motiven (beide Koffer auf dem Boden, ein Koffer in der Hand, beide Koffer in den Händen) auf. Nach kurzem Vergleich wurde deutlich, dass der neue Aufbau, derjenige, der es jetzt aufs Cover geschafft hat, definitiv der bessere ist.

Die Idee der Bilder, des Aufbaus und der Typografie ist für mich folgende: Das schrittweise Aufnehmen des Gepäcks deutet auf einen Aufbruch hin, der zur Reise (und etlichen Aspekten der restlichen Story) passt. Die Farbgebung zeigt die Grundstimmung, die trotz Humor gegeben ist, beziehungsweise die seelische Grundsituation des Protagonisten. Durch die serifenlose Typografie drückt sich für mich eine gewisse Ernsthaftigkeit und Geradlinigkeit aus – Es ist nicht einfach ein nettes Geschichtchen, sondern es steckt einiges dahinter. Letzten Endes wirkt die Gesamtkomposition meines Erachtens künstlerisch und erweckt den Eindruck eines gewissen Anspruchs – jemand brachte den Begriff Film Noir ins Spiel –, was einfach gut passt.

Natürlich bin ich damit der ursprünglichen Genre-Frage etwas ausgewichen. Fans von Genres mit eindeutigen Cover-Merkmalen (Fantasy, Sci-Fi, Romance etc.) werden allerdings sofort erkennen, dass es kein Buch aus ihrem Spektrum ist. Sorgen machten mir mögliche Assoziationen mit Krimis oder Spionage-Thrillern, weshalb ich den sehr eindeutigen Untertitel Ein Reiseroman hinzugefügt hatte.

Letzten Endes kommt es doch wieder auf eines hinaus: ich selbst fühlte mich vom Cover angesprochen, bin zufrieden mit dem Ergebnis und halte es für stimmig. Ich hoffe sehr, dass es hilft, die richtigen Leserinnen und Leser auf Sorck aufmerksam zu machen.

Eine Leseprobe gibt es hier: Sorck: Leseprobe

Einen ausführlichen Artikel findet ihr hier: Sorck – Unsortierte Infos zum Debütroman

Unter der Kategorie “Sorck” (im Klappmenü rechts) finden sich weitere Beiträge zum Roman.

Bestellen könnt ihr Sorck auf Amazon (Taschenbuch | Ebook)

Alternativ ist es möglich, das Taschenbuch direkt bei Twentysix oder im Autorenwelt-Shop zu erwerben.

Außerdem ist es möglich, im Buchladen vor Ort ein Exemplar zu bestellen.

Sorck: Unsortierte Infos zum Debütroman

Vorab: könnte den ein oder anderen Spoiler enthalten!

 

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Sorck – Ein Reiseroman ist erschienen oder ist im Zustand des Erscheinens (denn bis alle Händler den Roman gelistet haben, dauert es eine Weile). Bei Amazon kann man ihn bereits vorbestellen, die Taschenbuch-Version wird ebenfalls in Kürze erhältlich sein. Aus diesem Grund erzähle ich ein wenig über dieses Buch.

Sorck hieß als Arbeitstitel Otakus in Finnland. Warum? Weil üblicherweise niemand Finnland mit Otakus in Zusammenhang bringt und meine Geschichte ebenfalls an allen Ecken und Enden Überraschungen und ungewohnte Mischungen haben würde. Das ist natürlich gelogen, zumindest zur Hälfte. Zuerst stand dieser Arbeitstitel und dann begann ich zu schreiben, noch ohne großes Konzept – anders als sonst. Finnland erinnerte mich an eine Kreuzfahrt, die ich mit der Familie vor etlichen Jahren gemacht habe. Damit stand bereits die Route und somit das Grundkonstrukt – Einordnung in Reisetage, die jeweiligen Ziele und der Bogen, der durch die Rückkehr geschlossen werden musste. Schnell folgte die Idee eines Mannes vor seiner brennenden Wohnung. Letztendlich wurde der Arbeitstitel übrigens verworfen, weil kaum jemand in meinem Bekanntenkreis das Wort Otaku kannte und es die Leserschaft auf eine falsche Fährte gelockt hätte.

Als ich mit der Arbeit an Sorck / Otakus in Finnland begann, hatte ich gerade viel von Hermann Burger gelesen. Er verbindet häufig scheinbar nicht zueinander passende Elemente miteinander (eine Kur in einem engen Stollen, Friedhof und Todesthematik mit einer dörflichen Schule etc.) und hatte mich damit angesteckt. Als der Protagonist also aufs Schiff kam, fand er eine Broschüre, aus der – inhaltlich und aus der Sprache – hervorging, dass das Kreuzfahrtschiff früher einmal ein Schlachtschiff gewesen ist. Diese Skurrilität wollte ich ursprünglich bloß wenige Male aufblitzen lassen. Der Einfall hat jedoch plötzlich das gesamte Werk ausgemacht und verändert, schlug Wellen vor und zurück durch den Roman: alles fortan wurde davon geprägt und durch die Überarbeitungsphasen auch alles, was davor geschah.

Warum ich besonders stolz bin auf dieses Werk:

Es ist mein Erstling – natürlich.

Aber ich bin ein Vertreter versteckter Ebenen und Details in Geschichten und habe davon etliche verbaut. Da ich nicht spoilern will an dieser Stelle, fällt es mir schwer, ins Detail zu gehen. Dennoch ein paar grobe Beispiele: jede ausdrücklich genannte Zahl (sofern sie nicht die Jahreszahl eines erwähnten Ereignisses o.ä. ist) trägt eine codierte Bedeutung, mal für sich und mal im Zusammenhang mit anderen erwähnten Zahlen. Alle Bilder und Dekorationen tragen Bedeutung, alle (wichtigen) Namen und manche scheinbar unbedeutenden Geschehnisse ebenfalls.

Außerdem habe ich mir viele sprachliche Spielereien erlaubt: Wortneuschöpfungen, Verwendung alter oder anderweitig spezieller Begriffe, Umdeutungen, Spiele mit dem Satzbau und vieles mehr. Tatsächlich führte dies zur Meldung von Amazon, dass beinahe 600 mögliche Rechtschreibfehler gefunden wurden. Natürlich durchlief das Manuskript ein professionelles Korrektorat und keiner dieser möglichen Fehler ist tatsächlich ein Fehler.

Etliche weitere Aspekte, die ich an Sorck sehr mag, könnte ich hier noch anführen, aber spare sie mir für weitere Beiträge auf. Auch Details der erwähnten Punkte werde ich an anderer Stelle nochmal besprechen (dann mit einer Spoiler-Warnung davor).

Im Augenblick bin ich der Überzeugung, dass Sorck in seiner Art weitestgehend allein stehen wird und meine nächsten und übernächsten Projekte einen gänzlich anderen Stil haben werden. Dennoch bin ich stolz auf das Ergebnis und freue mich über jeden Leser und jede Leserin.

Literarisches Versteckspiel – Ein Gedanke

Heute habe ich Gedanken Ingeborg Bachmanns gelesen bezüglich des Ichs in der Literatur. Einerseits ging es um das scheinbar ehrliche Ich der Tagebücher, das dennoch stets sortiert. Andererseits ging es um Céline und Miller, die in Werken keinen Unterschied machten zwischen Autor, Erzähler und Protagonist. Immer wieder tauchten dieses und anderen Themen im Laufe des Tages in meinen eigenen Gedanken auf und verbanden sich schließlich zur altbekannten Frage, inwiefern sich Autor*innen hinter Worten verstecken oder durch sie offenbaren.

Autor*innen sind Menschen, die etwas zu sagen wünschen, ohne den Mut zu haben, es auszusprechen. Sie erfinden stattdessen einen Erzähler, den sie manchmal benennen wie sie sich selbst im Kopf benennen, der Geschichten erzählt, die wiederum verstecken, was ursprünglich gesagt werden sollte. Auf diese Weise stellen Autor*innen Instanzen zwischen sich und ihre Wahrheiten oder zwischen sich und ihre Gesprächspartner*innen. Sie stellen Schrift dazwischen.

Die Methode ist uralt und sehr simpel. Ein Kind geht zur Mutter und sagt: „Ich kenne jemanden, der hat XY angestellt“, dann wartet es die Reaktion ab. Da die Mutter erraten könnte, dass das Kind XY selbst angestellt hat, wird die Info ersetzt und aus „Kekse geklaut“ wird „Apfel weggenommen“. Wir stellen Instanzen zwischen die Wahrheit und die Beurteiler der Wahrheit, um uns selbst zu schützen. Doch wir plaudern auch gern und zu viel. Je mehr wir reden, desto mehr sagen wir auch und zwar über uns selbst. Während das Ich einer Geschichte zum Erzähler erklärt wird und uns die Last der Verantwortung (nicht für seine Worte, aber für die Meinung hinter den Worten, die Echtheit der Worte) abnimmt, droht die Geschichte selbst mit jedem neuen Wort uns zu enttarnen. Hinter einzelnen Wörtern verstecken wir uns bequem, doch durch viele Worte verraten wir uns.

Schreiben ist wie das Gespräch eines Einsamen mit einem Stummen. Es ist nicht wahrscheinlich anzunehmen, dass der Einsame nicht im Laufe der Zeit all seine Geheimnisse preisgeben wird, und zwar schneller und sicherer als bei einem Verhör. Wenn niemand etwas von uns wissen will, fangen wir an zu reden, immer mehr und immer lauter, bis wir es nicht mehr kontrollieren können.

Ich glaube, Schriftsteller*innen stellen ihre Schriftstücke wie Schilder auf, um ihr Dasein zu bekunden, ihren Wert zu beweisen und ihre Einzigartigkeit und Einsamkeit kundzutun. Sie stellen ihre Schriftwerke zwischen sich und die Welt, um einen Kampf weniger schlagen zu müssen, um sich in der Illusion des Verstecktseins hinter den eigenen Worten sicherer zu fühlen und somit die Kraft zu haben für ihren großen Streit mit der Welt. Indem sie dieses Versteckspiel spielen, geben sie den Leser*innen nicht nur, was sie ihnen geben wollen, sondern auch noch alles, was diese darin zu finden glauben, obendrauf. Die Illusion funktioniert in beide Richtungen. Wir Schriftsteller*innen geben uns der Illusion hin, dass kein*e Leser*in bemerkt, dass wir über uns schreiben. Ihr Leser*innen wandelt diese Illusion dankbar um und glaubt, wir schrieben über euch. Das macht Literatur zu einem Dialog und flicht sie ein in die Zeit. Sie wächst mit den Menschen, nicht mit den Autor*innen (denn sie schreiben längst etwas Neues). Jedes Mal, wenn man ein Buch in die Hand nimmt, ist man ein anderer Mensch und auch das Buch wird dadurch ein anderes.

Philosophie und Literatur

Während meines Studiums (Philosophie/Komparatistik) hatten viele Kommiliton*innen Philosophie gewählt, weil sie es als einfaches Zweitfach fürs Lehramt ansahen. Das zeigt ganz gut, welchen Status das Fach in den Augen der meisten heutzutage hat. Einige Disziplinen der Philosophie (Ethik, Politik usw.) bleiben aktuell, während andere (Metaphysik etc.) zugegebenermaßen weniger zeitgemäß sind. In diesem Beitrag möchte ich einige Argumente anführen für die Philosophie, besonders im Hinblick auf Autor*innen. Dabei wähle ich hauptsächlich Beispiele von Schopenhauer als Stellvertreter aller anderen Philosoph*innen.

Das allererste Argument, das man immer für die Philosophie finden und nennen kann, ist die Übung im Denken. Einerseits lernt man, neue Perspektiven einzunehmen und Probleme von allen Seiten zu betrachten. Geistige Flexibilität ist eine notwendige Voraussetzung, um philosophische Probleme anzugehen. Andererseits wird man geschult, strukturiert zu denken, Gedankengänge auseinanderzunehmen, Fehler aufzuspüren und die Gesetze der Logik anzuwenden. Warum das für absolut jeden und nicht für Schreibende gut ist, erklärt sich von selbst.

Das zweite Argument – hier kommen wir zu Schopenhauer – handelt vom Aufbau komplexer geistiger Bauten, die gesamte Welten (die gesamte Welt) umschließen können. Schopenhauers Hauptwerk ist Die Welt als Wille und Vorstellung, ein metaphysisches Werk. Der Duden definiert Metaphysik als philosophische Disziplin oder Lehre, die das hinter der sinnlich erfahrbaren, natürlichen Welt Liegende, die letzten Gründe und Zusammenhänge des Seins behandelt. Ganz ganz grob und knapp zusammengefasst bedeutet das bei Schopenhauer: Ich (mein Geist/Wille) bin von der Welt getrennt durch meinen Körper, erfahre sie nur über meine Sinne. Was hinter den Gegenständen, Tieren, Mitmenschen steckt, kann ich nicht wissen, sondern nur aus dem, was ich kenne (der eigene Geist/Wille), schließen, was dort ist. Er kommt zu dem Ergebnis, dass alles (Menschen, Tiere, Gegenstände, Welt) Ausprägungen oder Vorstellungen eines einzigen großen Willens sind, der sich dadurch selbst kennenlernt. (Nochmal: das ist wirklich sehr vergröbert; Schopenhauer braucht hunderte eng bedruckter Seiten für dieses Ergebnis.) Von diesem Punkt aus baut und begründet er die gesamte Welt und bespricht Kunst, Literatur, Musik und vieles Anderes.

Aus heutiger Sicht sind viele Bausteine seiner Argumentation weit überholt und seinen Ergebnissen wird sich kaum noch jemand anschließen, aber das Konstrukt ist überaus interessant. Hier kommen wir zum Nutzen für die Literatur. Schopenhauer nimmt einen einzigen Gedanken (ich kenne nur mich, alles andere ist im Grunde unbekannt) als Ausgangspunkt, um daraus einen riesigen Gedankenpalast zu bauen und Erklärungen für sämtliche existierenden Dinge zu finden. Erinnert dieses Vorgehen nicht an den Weg von einer Idee zur fertigen Geschichte? Denken wir beispielsweise an Tolkien. Bekanntermaßen erschuf er zuerst den gesamten mythologischen Hintergrund zu Lord of the Rings, bevor er auf dieser Basis die eigentliche Story schrieb. Ein analoger Vorgang. Wir lernen durch die Philosophie also einen strikten, disziplinierten und konstruktiven Weg zu gehen von einer einzigen Idee zu einer riesigen Welt.

Das dritte Argument ist simpel: auf dem eigentlich nüchternen Weg, den Philosophen einschlagen, findet sich Schönheit. Schopenhauer schrieb beispielsweise, dass Musik uns so sehr anspricht, weil sie ein anderer Weg des Willens ist, sich selbst zu erkennen. Mit anderen Worten, Musik ist unsere Welt in anderer Form. Hier zwei Zitate dazu:

Über Musik (Beethoven): […] die größte Verwirrung, welcher doch die vollkommenste Ordnung zum Grunde liegt, den heftigsten Kampf, der sich im nächsten Augenblick zur schönsten Eintracht gestaltet: es ist rerum concordia discors, ein treues und vollkommenes Abbild des Wesens der Welt, welche dahin rollt, im unübersehbaren Gewirre zahlloser Gestalten und durch stete Zerstörung sich selbst erhält. Und: Der Rhythmus ist in der Zeit was im Raume die Symmetrie ist, nämlich Theilung in gleiche und einander entsprechende Theile, und zwar zunächst in größere, welche wieder in kleinere, jenen untergeordnete, zerfallen.

Schönheit in den Worten und Gedanken anderer zu erkennen und zu lieben, ist eine Grundeigenschaft von Leser*innen und Autor*innen zugleich. Der Unterschied zwischen Literatur und Philosophie liegt hauptsächlich im Ausdruck: Literatur versteckt Erkenntnis hinter Schönheit, während die Philosophie Schönheit hinter Erkenntnis versteckt.

Am Ende füge ich noch einige Zitate von Schopenhauer an. Sie wurden allesamt in der ursprünglichen Schreibweise belassen:

Was dem Herzen widerstrebt, läßt der Kopf nicht ein.

Zwischen dem Thiere und der Außenwelt steht nichts: zwischen uns und dieser stehen aber immer noch unsere Gedanken über dieselbe, und machen oft uns ihr, oft sie uns unzugänglich.

Wort und Sprache sind also das unentbehrliche Mittel zum deutlichen Denken.

Der Denker soll sie [Irrtümer] angreifen; wenn auch die Menschheit, gleich einem Kranken, dessen Geschwür der Arzt berührt, laut dabei aufschrie.

Der Geist ist seiner Natur nach ein Freier, kein Fröhnling

Daher je mehr ein Mensch des ganzen Ernstes fähig ist, desto herzlicher kann er lachen. Menschen, deren Lachen stets affektirt und gezwungen herauskommt, sind intellektuell und moralisch von leichtem Gehalt

Ohne die Schule der Alten wird eure Literatur in gemeines Geschwätze und platte Philisterei ausarten.

das Ich ist eine unbekannte Größe, d.h. sich selber ein Geheimniß

[…] daß die Qualität des Wissens wichtiger ist, als die Quantität desselben. Diese ertheilt den Büchern bloß Dicke, jene Gründlichkeit und zugleich Stil: denn sie ist eine intensive Größe, während die andere eine bloß extensive ist.

Wie in Zimmern der Grad der Helle verschieden ist, so in den Köpfen. […] Man werfe das Buch weg, bei dem man merkt, daß man in eine dunklere Region geräth, als die eigene ist; es sei denn, daß man bloß Thatsachen, nicht Gedanken aus ihm zu empfangen habe.

Denn der Intellekt ist ein differenzirendes, mithin trennendes Princip: seine verschiedenen Abstufungen geben, noch viel mehr als die der bloßen Bildung, Jedem andere Begriffe, in Folge deren gewissermaaßen Jeder in einer andern Welt lebt, in welcher er nur dem Gleichgestellten unmittelbar begegnet, den Uebrigen aber bloß aus der Ferne zurufen und sich ihnen verständlich zu machen suchen kann.

Je niedriger ein Mensch in intellektueller Hinsicht steht, desto weniger Räthselhaftes hat für ihn das Daseyn selbst: ihm scheint vielmehr sich Alles, wie es ist, und daß es sei, von selbst zu verstehen.

Von der Peinlichkeit alter Texte

Sartre schrieb sinngemäß, dass sein bester Text immer derjenige sei, an dem er gerade arbeite, doch wenige Monate später würde er ihm doch wieder peinlich sein. Dürrenmatt verglich Romane mit Bildern, da er auch malte, und stellte fest, dass man jahrelang an einem Bild arbeiten könne und es schließlich perfekt würde. Ein Roman wiederum würde niemals fertig, sondern muss abgebrochen werden. Literatur befindet sich im Zeitfluss. Das simple Grund ist, dass wir Autor*innen uns verändern.

Heute habe ich viele Gedichte gelesen, die ich im Laufe der letzten zwei bis drei Jahre geschrieben hatte. Je älter die Texte waren, desto weniger gefielen sie mir. Mein Stil hat sich gewandelt, meine Themen ebenfalls (ein wenig) und ich bin eine andere Person. Dieses Phänomen werden fast alle kennen, die schreiben. Wie geht man damit um? Um das zu beantworten hole ich etwas weiter aus.

Ihr kennt sicherlich die Frage, die ihr euch selbst oder vielleicht jemand anders gestellt hat: Was würdest du in deinem Leben ändern, wenn du eine zweite Chance hättest? Möglicherweise kennt ihr auch den Film Butterfly Effect. Der Gedankengang ist simpel. Verändere ich einen Aspekt meiner Vergangenheit, ändere ich auch alle nachfolgenden Ereignisse. Hat man schwere Fehler zu korrigieren, ist das genau der Punkt, weshalb man etwas ändern würde. Doch wer sagt, dass die neue Version der Ereignisse besser wäre? In meiner Jugend hatte ich große Probleme in der Schule (korrekter: mit meinen Mitschülern) und brach irgendwann ohne Abitur ab. Ich machte eine schreckliche Ausbildung und arbeitete in einem schrecklichen Job. Dann holte ich mein Abitur nach und studierte ein wenig. Auf dem Abendgymnasium lernte ich gute Freundinnen und Freunde kennen, über sie wiederum andere Personen, die für eine Weile noch wichtiger waren. Ich möchte nicht auf die Erinnerungen verzichten. Nicht auf die schönen Erinnerungen aus offensichtlichen Gründen und nicht auf hässlichen, weil ich aus diesen Erfahrungen lernte. Ich wäre nicht hier, nicht an diesem speziellen Punkt in meinem Leben und meinem Schreiben, wenn ich nicht auch viel Mist hinter mir hätte.

Das Gleiche gilt für Literatur. Wir entwickeln uns, wir lernen. Wenn ich die aus heutiger Sicht schlechteren Texte nicht verfasst hätte, würde ich heute keine besseren schreiben können. Der Trick ist vermutlich nur, schnell genug zu veröffentlichen, bevor man es sich selbst verbietet.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass es häufig einen riesigen Unterschied in der Wahrnehmung gibt zwischen einem selbst und allen anderen. Schaue ich in den Spiegel, sehe ich häufig noch den mopsigen Jungen der frühen Jugend oder den dürren Kerl einige Jahre später, während ich längst gut trainiert bin – das weiß ich aus guten selbstbewussten Momenten und durch die Aussagen anderer. Vielleicht sind die Texte also bloß in meinen Augen nicht gut genug.

Literatur befindet sich im Zeitfluss, weil die Verfasser*innen sich verändern. Wir können letztendlich nur hoffen, dass wir die Leser*innen zur richtigen Zeit mit dem richtigen Werk erwischen.

Interview und Update

Heute wurde das erste Interview, das ich geben durfte veröffentlicht. Es freut mich sehr, dass Menschen mehr und mehr Interesse an mir und meinen Werken zeigen. Der Zeitpunkt ist ebenfalls passend gewählt, denn in Kürze wird auch Sorck, mein erster Roman, endlich erscheinen. Dank des Fluchs unvorsichtiger Zeitplanung habe ich das leider schon mehrmals angekündigt. Hier also ein aktuelles Update für alle Interessierten:

Der Roman hat ein Korrektorat durchlaufen bei den beiden Korrektorinnen Kia Kahawa und M.D. Grand. Danach wurde ein Buchsatz erstellt (ebenfalls von Kia). Mit beidem bin ich sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit lief angenehm und sehr professionell ab.

Klappentext und Keywords (zur Einordnung bei Amazon und für Buchhändler) sind bereits erstellt.

Was fehlt also noch?

Das Cover! Vor mir liegt ein aktueller Entwurf, der nur noch minimale Verbesserungen benötigt. Eine Sache, die mich heute verunsichert hat, ist die Frage der Helligkeit. Das Cover wirkt unterschiedlich je nach dem, wo ich es betrachtet habe: auf dem Monitor des Designers, auf meinem Monitor, auf dem Smartphone und ausgedruckt. Da es insgesamt relativ dunkel gestaltet ist und alle Details erkennbar sein sollen, ist es natürlich ein gewichtiger Punkt, wie die Umsetzung am Ende auf dem Buch aussehen wird. Welcher Eindruck ist also derjenige, welcher am nächsten am Endprodukt liegt? Entscheidungen aufgrund unsicherer Grundlagen zu treffen, stört mich sehr. Dennoch muss es natürlich geschehen. Ich vertraue auf den besten Monitor für die Betrachtung und auf die Professionalität der Druckerei.

Sobald das Cover fertig ist, folgt die Veröffentlichung. Ich rechne in den nächsten zwei Wochen damit.

Für die zukünftigen Selfpublisher unter euch: kümmert euch frühzeitig um euer Cover! Es kann länger dauern, als ihr vielleicht glaubt, bis es fertig ist. Außerdem ist es wichtig für ordentliche Werbung im Vorfeld der Veröffentlichung. Das habe ich (zu spät) gelernt.

In der Zwischenzeit lese ich endlich wieder mehr und kümmere mich um andere Projekte. Vor zwei Tagen stellte ich eine Erzählung fertig, die in Kürze überarbeitet werden wird und laut Plan im vierten Quartal des Jahres veröffentlicht werden soll.

Wenn ihr bis zur Veröffentlichung von Sorck mehr von lesen wollt, bleibt euch nur, mir auf Social Media zu folgen (die Links findet ihr rechts), weiterhin hier vorbeizuschauen oder eben mein Interview zu lesen. Hier nochmal der Link:

Matthias Thurau #ProjektArbeistitel

Ein Anschlag auf Adolf Muschg

Ich bin kein glücklicher Mensch. Wer mich kennt, weiß das. Wer mich liest, kann es sich denken. Das ist kein Ruf nach Mitleid, sondern die Einleitung in eine knappe Rollenidee.

Autorinnen und Autoren verarbeiten häufig persönliche Traumata, Sehnsüchte, Probleme und Erlebnisse in ihren Texten. Indem sie das tun, werfen sie ein Licht auf Aspekte unserer Gesellschaft. Entgegen des persönlichen Gefühls sind sie nicht allein mit ihren Problemen. Ihre Probleme – und damit die aller anderen – wiederum sind ein Symptom der Leiden ihrer Umwelt. Was sie besonders macht, ist, dass sie schreiben. So simpel, so kompliziert.

Adolf Muschg sagte in seiner Frankfurter Poetik Vorlesung Literatur als Therapie?: Kunstwerke sind im Grenzfall die einzigen Beweisstücke, wieviel wir aus dem machen können, was uns angetan wird. Seine Theorie ist, dass Schriftsteller*innen nicht vollständig therapierbar sind, da sie durch eine vollständige Heilung ihre Besonderheit und den Grund ihres Schreibens verlören. Sie verweigern sich ein Stück weit das eigene Glück, um weiterhin ihr Unglück verarbeiten zu können. Was mich angeht, liegt er richtig.

Wie Schmerz bloß ein Symptom ist und nicht die Krankheit, ist die Gesamtproblematik eines Menschen lediglich ein Symptom der Krankheit seiner Umwelt. Der einzelne Mensch – und damit auch der Autor/die Autorin – weiß nicht klar zu sagen, was in seiner Umgebung ihn krank gemacht hat, was übergeordnet falsch läuft. Doch die Literatur vermag Wahrheiten auszudrücken, deren sich ihre Erschaffer nicht bewusst sind. Dadurch deutet sie auf Missstände und eröffnet Veränderungsmöglichkeiten. Literaturschaffende ändern die Welt nicht. Doch Leserinnen und Leser vermögen dies – schon durch ihre Anzahl.

Es ist ein faszinierender Ablauf: Eine einzelne Person erfindet eine Geschichte. In dieser Geschichte versteckt sich ein Teil des Schicksals dieser Person. In diesem Schicksal spiegeln sich Aspekte der Gesellschaft. Andere Personen lesen die Fiktion, entdecken die Missstände, ändern diese – und ich denke auch an unbewusste Veränderungen – und verbessern damit die Lage für alle kommenden Generationen. Leserinnen und Leser verhindern die Wiederholung des Schicksals der Autorin/des Autors.

Dies alles sind Gründe für das Verfassen intensiver Literatur und für das intensive Befassen damit. Kafka sagte Wir brauchen aber die Bücher, die auf uns wirken wie ein Unglück, das uns sehr schmerzt, wie der Tod eines, den wir lieber hatten als uns, wie wenn wir in Wälder vorstoßen würden, von allen Menschen weg, wie ein Selbstmord, ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.

Einerseits entspricht dies meinem persönlichen Geschmack, was wiederum meine Philosophie beeinflusst, und umgekehrt. Andererseits spricht Kafka hier von Selbstverbesserung und damit indirekt von der Verbesserung unserer Gesellschaft. Niemand leidet gern und doch ist es notwendig. Drückt der Arzt bloß an Stellen, an denen es nicht weh tut, wird er den Patienten für gesund erklären und diesem wird nicht geholfen werden.

Ich stelle mich als Symptom zur Verfügung: findet die Krankheit und heilt sie!

Wir brauchen die Hinweise auf unser Leiden, die Erinnerung an Fehltritte und die schmerzhaften Einsichten. Wir brauchen gute Literatur.

Sinn und Bedeutung guter Literatur

Ein hochtrabender Titel, ich weiß.

In diesem Eintrag soll es um mein ganz persönliches Verhältnis zur Literatur gehen und um mein Verständnis eines Lebenssinns.

Ein hochtrabender Titel, ich weiß.

In diesem Eintrag soll es um mein ganz persönliches Verhältnis zur Literatur gehen und um mein Verständnis eines Lebenssinns.

Ich bin kein gläubiger Mensch, obwohl ich es eigentlich gern wäre. Hinweise darauf lassen sich leicht in meinen Werken finden. Dieses Missverhältnis liegt einerseits an einem Hang zu wissenschaftlichen Fakten und philosophischen Argumenten, andererseits an einem Bedürfnis nach Sinn und Ordnung im Leben.

Mein Leben lang dachte ich über Religionen und mögliche Seinsformen Gottes nach: Wie entstanden Religionen? Wieso sehen die Götter in verschiedenen Religionen unterschiedlich aus? Welche Widersprüche stecken in den jeweiligen religiösen Systemen?

So mancher Philosoph, Theosoph und Scholastiker hätte argumentiert, dass mein Bedürfnis nach einem höheren Sinn, nach einer übergeordneten Macht, bereits ein Beweis für die Existenz Gottes darstellt. Ich sehe das anders. Leider fand ich niemals die passenden Argumente oder den richtigen Glauben.

Sinn braucht mein Leben dennoch.

Im Grunde halte ich es mit Albert Camus und seinem Absurdismus, der (sehr grob ausgedrückt) aussagt, dass jede Suche nach einem höheren Sinn über die Möglichkeiten des Menschen hinausgeht und daher absurd ist. Drei Lösungswege gibt es für Personen, die zu dieser Erkenntnis kamen (oder die davon überzeugt sind).

  1. Selbstmord.
  2. Religion: Die Annahme, dass etwas nicht Feststellbares existiert, das Sinn verleiht. Dieser Weg steht aber eigentlich niemandem offen, der wirklich an das absurdistische Problem glaubt.
  3. Sinn im Kleinen suchen. Sinn selbst schaffen. Sinnersatz finden.

Es ist wohl leicht zu erraten, dass ich den dritten Weg gewählt habe. Für mich ist Schreiben und Literatur insgesamt das, was einem Lebenssinn am nächsten ist. Diese Erkenntnis fühlte sich absolut natürlich an und tut es noch. Zugleich hat es mein Leben verändert, dies einzusehen. Über die Details eines im Grunde nihilistischen Lebenswandels lasse ich mich an dieser Stelle besser nicht aus. Aber man kann sich denken, dass es nicht schön war.

Aus diesen Wurzeln stammt (unter anderem) meine Ernsthaftigkeit im Umgang mit Literatur. Ich respektiere jede*n, die/der schreibt, um zu unterhalten, und jede*n, die/der liest, um unterhalten zu werden. Für mich selbst ist das aber nicht genug.

Gute Literatur berührt mich so tief und intensiv, dass ich mich langfristig ändere, mein Leben überdenke, mein Mindset wandele oder die Welt aus anderen Perspektiven betrachte. Ob irgendwann Leser*innen derartige Erfahrungen mit meinen Texten machen werden, weiß ich nicht. Überzeugt bin ich nicht. Aber das ist mein Leitstern und daran orientiere ich mich. Ich will nicht weniger, als die Welt verändern, indem Menschen verändere.

Ich bin außerdem davon überzeugt, dass schwierige Literatur – schwierig zu schreiben, zu lesen und manchmal auch auszuhalten – immer konkurrenzlos dastehen wird. Kein Film, keine Serie und kein Computerspiel wird jemals die Tiefe und Komplexität eines großen Buches erreichen. Wir sollten unsere Leser*innen fordern – durch Komplexität und hohe Sprache herausfordern und durch die Verwendung mehrerer Ebenen, durch schwierige Gedanken und unangenehme Themen auffordern, nachzudenken. Wenn eines meiner Werke nur als Story ohne Tiefgang funktioniert, habe ich versagt. Und fordert mich ein Buch nicht, lese ich es nicht weiter.

Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden.

Was treibt der denn?

Updates nach längerer Abwesenheit: Projekte und Vorhaben.

Es gab eine lange Pause seit dem letzten Beitrag.

In dieser Zeit habe ich meinen Roman „Sorck“ überarbeitet, Testlesern und einer Lektorin vorgelegt, habe Kontakte geknüpft, mit der Bürokratie hinter der Freiberufler-Werdung gekämpft und sogar noch ein wenig Privatleben gelebt.

Einige Updates:

Die bisher auf dem Blog hochgeladenen Erzählungen habe ich gelöscht. Der Grund dafür ist simpel: Mein Ziel ist es, vom Schreiben zu leben, also kann ich es mir leider (noch) nicht erlauben, meine Arbeit zu verschenken, so gern ich es auch täte.

Noch bin ich in den Grenzen meines Zeitplans, was die Veröffentlichung von „Sorck“ angeht – Ende April ist Deadline. Leider gibt es einige Hürden und Arbeiten, die vollkommen außerhalb meiner Machtsphären liegen und alles hinauszögern könnten. Da bleibt mir nur zu hoffen.

Bisher sind sämtliche Rückmeldungen von Personen, die „Sorck“ zum Teil oder vollständig gelesen haben, ausgesprochen positiv. Meine Freude darüber kann man sich vorstellen.

Arbeite ich gerade nicht am Drumherum des Romans, überarbeite ich eine Erzählung für einen Schreibwettbewerb und eine weitere, die in den nächsten Monaten als eBook erscheinen soll.

Wer von euch im Mai beim LitCamp in Bonn sein sollte, hat die Gelegenheit, mich kennenzulernen, denn ich renne da irgendwo herum. Es wird mein erster Besuch einer derartigen Veranstaltung und ich bin bereits jetzt nervös – neue Menschen, neue Erfahrungen und all das.

Neben dem, was bei mir derzeit ansteht, kam ich leider nicht mehr dazu, den Blog oder die Sprachnachrichten aus dem Kellerloch weiterzuführen. Allerdings gelobe ich, zukünftig wieder Raum dafür zu schaffen.

Demnächst soll es weitere Details zu „Sorck“ geben und persönliche Berichte zu anderen, artverwandten Themen.