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Hinweis: Vergangenes noch heute. Rezension

Hinweis auf eine Rezension des Romans “Vergangenes noch heute” von Theodoros Iatridis.

Eine Rezension (ein Verriss) des Romans Vergangenes noch heute von Autor Theodoros Iatridis ist ab sofort beim Buchensemble zu finden:

Vergangenes noch heute: Rezension

Wort und Ton: Über Stimmen

Stimme, Stimmung, Erzählstil und Geschrei. Über das Sprechen und Schreiben.

Meine Sprechstimme ist nicht meine Schreibstimme, die Schreibstimme nicht immer die Gleiche, meine Vorlesestimme härter als die Sprechstimme, obwohl sich diese immer mal wieder ändert.

In diesem Blogeintrag soll es um Stimmen gehen und um Wörter: geschriebene und gesprochene.

Stimmung und Stimmen

Aufgeregt spreche ich schnell, hektisch, wie auf Speed. Verängstigt bin ich leise, die Stimme ist schwächer noch als bei Müdigkeit. Spreche ich am Telefon mit Ämtern, klinge ich anders als am Telefon mit Freund*innen, bei diesen jeweils unterschiedlich, und persönlich nochmal anders als am Telefon. Viele Menschen bemerken es nicht, aber man kann einiges an ihren Stimmen ablesen, besonders wenn man sie besser kennt.

Das Gleiche gilt für Schreibstimmen. Wir machen es oft unbewusst, passen unseren Stil an die Begebenheiten des Textes an, werden schneller an spannenden Stellen, werden langsamer in ruhigen Sequenzen. Man entwickelt ein Gespür dafür, vermutlich verstärkt durch gute Lektüre, vielleicht aber auch einfach aus dem Alltag heraus. Erzählpraktiken sind Alltagskommunikationspraktiken. Zwar erzählen wir literarisch eine Geschichte anders als im persönlichen Gespräch, aber dennoch wenden wir auch dort Erzähltechniken an. Wir nutzen Spannung erzeugende Wörter wie „plötzlich“, untermalen unsere Worte mit Gestik und Mimik (was wir beim Schreiben kopieren oder umgehen), setzen seltener ab an spannenden Stellen (schriftstellerisch würde man beispielsweise weniger Unterbrechungen durch Punkte einfügen, sondern längere, hastige Sätze nutzen) oder setzen absichtlich eine Pause vor einem Höhepunkt, um die Spannung weiter zu heben und zu halten.

Gesang und Musik in der Literatur

Es gab mehr als eine Person, die Lyrik mit Musik verglichen hat. Der Rhythmus macht’s. Keine Sorge, ich werde jetzt keinen Vortrag über Metrik und all das hier hinklatschen, sondern nur darauf hinweisen, dass der Rhythmus, mit dem wir etwas persönlich erzählen, sich in der Lyrik widerspiegelt (wenn wir es wollen). In meinem Fall erinnert der Rhythmus der Gedichte eher an den Rhythmus meines Gedankenstroms. Ich spreche sortierter, weil ich schweige, bis ich zusammenhabe, was ich sagen möchte. Aber ich denke sprunghaft, chaotisch, auf mehreren Ebenen zeitgleich. Das gilt zumindest für die Zeiten, in denen ich emotional engagiert und nicht völlig entspannt bin. Gedichte wiederum würde ich nicht schreiben, wäre ich völlig entspannt (was ich ohnehin im Grunde niemals bin). Manchmal durchbreche ich lyrisch meinen Gedankenstrom absichtlich, zerteile ihn, leite ihn um. Auch das ist meine literarische Stimme: Sie widerspricht all meinen anderen Stimmen, wenn sie es will oder muss oder beides, also: soll.

Dass die Ursprünge der Lyrik in frei vorgetragenen Gesängen liegen, wundert wohl niemanden. Die Verbindung zur Musik ist deutlich. Doch schwieriger ist es, Musik in Prosa umzusetzen oder zu übersetzen. Manche Autor*innen machten und machen es sich einfach, indem sie es für die Leser*innen schwierig machen. Sie werfen mit Fachbegriffen aus der Musik um sich, mit denen manche Leser*innen nichts anfangen können. Sie nennen Songs und Stücke, aber bleiben dabei bei einer reinen Nennung, die keineswegs das Gefühl auslöst, das ebendieser Song oder ebendieses Stück selbst auslösen würde. Wie also Musik beschreiben? Schwierige Frage. Ich kann es nicht (oder nicht gut). Die beste Umsetzung beschriebener Musik habe ich bisher bei Proust gefunden in In Swanns Welt, dem ersten Buch der Reihe Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. (Über dieses erste Buch hinaus habe ich es übrigens nie geschafft.)

Geschrei und wirklich lautes Schreiben

Manchmal muss man laut werden, manchmal will man es bloß. Man könnte eine laute Erzählstimme nun mit einer Vielzahl von (falsch gesetzten?) Ausrufezeichen zu erreichen versuchen. Aber das sieht nun einmal behämmert (und alles andere als gekonnt) aus!!! Auch CAPSLOCK ist nicht wirklich eine Option. Doch wann und warum sollte man überhaupt literarisch schreien wollen? Eine erste Antwort wäre recht wörtlich in Dialogen zu finden: eine Figur schreit. Etwas abgehobener fielen mir Lyrik und andere Kurzformen ein, die allgemein etwas freier sind und häufig Gefühle direkter übertragen beziehungsweise direkt von diesen handeln. Ein Gedicht ist ein Schrei, wenn di*er Autor*in es so will oder di*er Leser*in es so versteht.

Im Falle von Dialogen wäre die simpelste Lösung, das Geschrei in Form einer passenden Inquit-Formel zu verdeutlichen: „F*** dich!, schrie sie.“ Oder man lässt di*en Dialogspartner*in etwas Entsprechendes antworten („schrei doch nicht so“). Doch an dieser Stelle könnte man wenigstens die Erregung in der Stimme der sprechenden Figur mit anderen Mitteln darstellen. Ist man wütend, spricht man Sätze oft nicht zu ende, verhaspelt sich, nutzt Kraftausdrücke und Beleidigungen (je nach Situation) und gestikuliert bei alledem. Geschrei ist die Grenze zwischen verbaler Kommunikation und einer Handlung. Näher kommt eine Stimme nicht mehr an eine Tat heran. Gesten kann man in Einschüben beschreiben. Hier kann man stark den Leser*inneneindruck einer Figur beeinflussen, indem man die Gesten gerade in hocherregten Zuständen neutral, ernst, weniger ernst oder sogar lächerlich beschreibt (bewegen, schlagen, wedeln, fuchteln etc.).

Zeit mich zu korrigieren: in stilistisch im Grunde völlig freien Texten wie Gedichten kann man sehr wohl Capslock verwenden oder beispielsweise (nicht gerade für Geschrei, aber generell) die zum Meme gewordene abwechselnde Groß- und KleinScHrEiBuNg, wobei man bei letzterem die Vorkenntnisse der Leser*innen und deren Verständnis und Assoziationen miteinbeziehen muss. Auch damit imitiert man im Grunde einen Sprechakt und ein Augenrollen zugleich.

Macht, was ihr wollt! Die Kunst ist frei. Ich persönlich bin übrigens ein Fan von sparsam aber gezielt gesetzten Kraftausdrücken in Gedichten.

Lesungen & Angst

Wie in der Einleitung erwähnt, klinge ich Gedichte vorlesend völlig anders als im Alltag sprechend. Aus mir nicht wirklich ersichtlichen Gründen, außer vielleicht der deutlicheren Betonung der einzelnen Silben, klinge ich bei Lesungen wie ein Radiosprecher aus den 1950er Jahren, aber mit einer verschmitzten, moderneren Note, weil meine Texte diese erfordern. Das ist natürlich kein Problem, nur eine Feststellung. Problematischer und mit Stimmung und Stimme zusammenhängend ist meine Angst vor Lesungen. Ich spreche nicht gern vor Menschen, spreche manchmal generell nicht gern, und werde leise, sobald ich bemerke, dass mehr als eine Person zuhört.

Warum erzähle ich das? Möchte ich authentischer wirken? Vielleicht. Vielleicht möchte ich mich aber auch pushen, wenn ich jetzt nachtrage, was ich zu tun gedenke, um in Zukunft Lesungen halten zu können:

  • Schritt 1: Texte laut vorlesen, wenn ich allein bin.
  • Schritt 2: Texte laut vorlesen und mich dabei filmen.
  • Schritt 3: Aufgenommene Lesungen, die geglückt sind, hochladen und teilen.
  • Schritt 4: Online Lesungen zu Zeiten, in denen wahrscheinlich niemand zusehen wird.
  • Schritt 5: Lesung (online oder live) vor Freund*innen.
  • Schritt 6: Online Lesungen halten zu Zeiten, in denen potenziell Leute zusehen könnten.
  • Schritt 7: Schritt 6, aber mit Vorankündigung, oder: eine richtige Online-Lesung.
  • Schritt 8: Live-Lesung.

Einzelne Schritte könnte man austauschen oder überspringen, aber grundsätzlich ist das mein hier mein Plan hin zur ersten richtigen Lesung. Da ich bereits mehrfach Angebote bekommen habe, Lesungen zu halten, sollte ich langsam mal loslegen.

Thuraus Filmtagebuch: Juli 2021

Thuraus Filmtagebuch vom Juli 2021, Filme geschaut, beschrieben und bewertet von Autor Matthias Thurau.

Heute endet der Juli und das bedeutet nicht viel. Infektionszahlen steigen wieder, Teile der Welt saufen ab, andere verbrennen, und manchmal bleibt uns nichts anderes mehr übrig, als uns für eine Weile zurückzuziehen, alles auszublenden und uns so vor den Eindrücken der Welt zu schützen. Vielleicht gucken wir dabei einen Film und vielleicht findet ihr dafür einen Film in diesem Beitrag. Diesmal finden sich ungewöhnliche viele asiatische (heißt hier: südkoreanische, japanische, chinesische) Filme in der Liste. Der Aufbau ist simpel: Zunächst liste ich alle Filme samt Bewertungen auf und danach schreibe ich zu jedem einige Worte. Weil dies hier schon der 1. Blogeintrag der 2. Jahreshälfte der Reihe Thuraus Filmtagebuch ist, verlinke ich zuvor noch alle bisherigen Artikel der Reihe.

6 Monate Thuraus Filmtagebuch

Die Filme

  • The Last Emperor (8/10)
  • The Tomorrow War (7/10)
  • America: The Motion Picture (6/10)
  • Kingdom of Heaven (7.5/10)
  • The Fortress (Namhansanseong, 남한산성) (5/10)
  • The Hurt Locker (7.5/10)
  • Future World (4/10)
  • Red Cliff (6.5/10)
  • Maze Runner: The Scorch Trials (5.5/10)
  • The Hobbit: An Unexpected Journey (7/10)
  • The Hobbit: The Desolation of Smaug (6.5/10)
  • The Hobbit: The Battle of the Five Armies (7/10)
  • The Great Battle (Ansiseong, 안시) (6/10)
  • Maze Runner: Death Cure (5.5/10)
  • Captain America: First Avenger (5.5/10)
  • Captain Marvel (6/10)
  • Iron Man (6/10)
  • Iron Man 2 (6.5/10)
  • The Incredible Hulk (6.5/10)
  • The Kitchen (7/10)
  • Jolt (6.5/10)
  • Thor (6.5/10)
  • Outrage Beyond (6/10)
  • Avengers (7/10)
  • Iron Man 3 (6/10)
  • Outrage Coda (6/10)

The Last Emperor (Jahr: 1987)

Der Film The Last Emperor erzählt die Geschichte des letzten Kaisers von China, wie dieser im Palast aufwächst, abgeschieden von der Welt, wie er dahinterkommt, dass er nur innerhalb des Palastes Macht hat und wie er schließlich auch dort durch die Kommunisten entmachtet wird. Die letzten Spuren einer alten Welt werden spürbar und vergehen. The Last Emperor lässt sich Zeit mit der Erzählung, langweilt jedoch nie.

The Tomorrow War (Jahr: 2021)

Es geht um einen Krieg gegen Aliens in der Zukunft, für den in der Vergangenheit Soldat*innen geholt werden. Die Kurzzusammenfassung von The Tomorrow War setzt bereits alle Signale für die Zuschauer*innen, keine inhaltlichen Ansprüche zu stellen, sondern lediglich eine Reihe von Explosionen und Verfolgungsjagden zu erwarten. Man erwartet nicht ernsthaft viel von solchen Filmen, oder? Wer mit großen Erwartungen rangeht, will enttäuscht werden, um schimpfen zu können. Das kenne ich. Das mache ich auch manchmal. Diesmal nicht. Unter der Voraussetzung eines ausgeschalteten Kopfes ist der Film nicht schlecht. Klar, Zeitreisefilme sind fast immer unsinnig und widersprechen den grundsätzlichsten Ansprüchen an Logik und Konsistenz, die man stellen kann, und der Plot ist auch eher dürftig. Aber viel Bumbum und Nervenkitzel.

America: The Motion Picture (Jahr: 2021)

In America: The Motion Picture hat man versucht, kritisch und lustig zugleich zu sein. Das hat in manchen Aspekten funktioniert und in anderen nicht. Witzig ist der Film, wenn bekannte Filme und Filmuniversen auf die Schippe genommen werden: Stars Wars, Avengers: Endgame, diese Dinge. Kritisch sind dann die Kommentare zu den Themen Rassismus und Frauenrechte/Gleichberechtigung. Man kann von einem Film alleine nicht erwarten, sämtliche Fehler des US-amerikanischen Systems aufzuzeigen und anzugehen, dafür gibt es einfach zu viele Fehler (sofern man ganz naiv davon ausgehen möchte, dass es Fehler und keine beabsichtigten Benachteiligungen sind) und zu wenig Filmlaufzeit. Unter der Prämisse kann man sagen: netter Versuch. Was dann aber seltsam wirkt, ist der Wust an Vorurteilen Engländern gegenüber. Die Vorurteile sind offensichtlich überzogen dargestellt und scherzhaft gemeint, aber dennoch wirkt es befremdlich, dass eine Personengruppe derart von Vorurteilen zugeschmiert wird in einem Film, der neben anderem Vorurteile kritisiert. Ich weiß nicht, ob man mit America: The Motion Picture erreichen kann, was man erreichen wollte.

Kingdom of Heaven (Jahr: 2005)

Jerusalem war und ist umkämpft. Kingdom of Heaven zeigt die Heilige Stadt in den 1180er Jahren. Durch Intrigen wird ein Krieg zwischen den Christen, die Jerusalem kontrollieren, und den Moslems unter Saladin entfesselt. Nebenbei geht es um Liebe und all das. Neben den gelungenen Bildern (Reiterei, Schlachten, Armeen etc.) gefällt mir, dass hier nicht versucht wird, den hochkomplexen Konflikt um Jerusalem zu deuten, zu simplifizieren oder auch nur zu erklären. Es bleibt beim „Was ist Jerusalem wert? – Nichts. Alles.“ und alles darüber hinaus wäre hier falsch gewesen. Man kannte die eigenen Grenzen. Das ist auch viel wert.

The Fortress (Namhansanseong, 남한산성) (Jahr: 2017)

Habe mich gelangweilt, obwohl viel Unfug passiert.

The Hurt Locker (Jahr: 2008)

Als Antikriegsfilm ist The Hurt Locker nur bedingt zu gebrauchen und konzentriert sich stattdessen auf das Portrait eines Adrenalinjunkies, der dies vielleicht erst durch seine traumatischen Kriegserfahrungen geworden ist. Aber auch dieser Aspekt wird nicht richtig beleuchtet. Dennoch ist The Hurt Locker als Actionfilm unterhaltsam und besonders deswegen interessant, weil Bombenkommandos selten im Fokus von Kriegsfilmen stehen.

Future World (Jahr: 2018)

Ich weiß nicht, was man sich gedacht hat, als man Future World gedreht hat (und zuvor die Entscheidung getroffen hat, ihn umzusetzen), aber es ging nach hinten los. Eine kaum existente Story plätschert zwischen langweiligen Verfolgungsjagten und unnötigen Nacktszenen dahin, und gelegentlich wird versucht, vom hohlen Unterbau durch Gewalt abzulenken. Die ganze Nummer wirkt, als hätten sich ein paar Dudes zusammen ein paar Joints durchgezogen, an einem einzigen Abend den Film erdacht und wären nicht mehr nüchtern geworden, bevor der Film fertig war.

Red Cliff (Jahr: 2008)

Mit Red Cliff haben wir einen chinesischen Monumentalfilm von John Woo. Woos Mitwirken verspricht Action. Die märchenhaften Martial Arts Bewegungen herumspringender Elitekämpfer*innen, die auf Blättern laufen und mit Kleidungsstücken töten können, wie im Hong Kong Action Kino der 1970er und 1980er ist im Laufe der Jahre erst zu einer Kunstform hochgepusht worden (siehe beispielsweise Tiger & Dragon) und ist dann zu einem gängigen Format mit etwas weniger übertriebenen Choreografien heruntergeschraubt worden. Red Cliff ist für zweitere Entwicklung ein Beispiel, bezieht allerdings die Bewegungen von Schiffen und die Taktiken von Generälen und ihren Armeen mit ein in die Welt eher unrealistischer Bewegungsabläufe. Einige Klischees des chinesischen Kinos werden bedient, wenn besonders weise Generäle das Wetter lesen können oder Diskussionen miteinander führen, indem sie gemeinsam musizieren, ohne zu sprechen. Leider finden sich unter allen wichtigen Figuren nur 2 Frauen, von denen die eine eine Quasi-Helena-Rolle spielt und Teil des Kriegspreises darstellt, aber mutig ist, und die andere spioniert. Das chinesische Kino ist noch nicht besonders modern, um es mal vorsichtig auszudrücken. Insgesamt ist Red Cliff dennoch gut schaubar und unterhaltsam.

Maze Runner: The Scorch Trials (Jahr: 2015)

Zombies light und Verwirrspiel. Hält nicht mit dem ersten Teil mit.

The Hobbit: An Unexpected Journey (Jahr: 2012)

Mich hatte The Hobbit beim ersten Gucken damals verloren, als die Zwerge zu singen anfingen und dabei Geschirr jonglierten. Es gibt in dieser Trilogie etliche Szenen und einige Figuren, die nur noch albern sind. Solche Elemente ruinieren Filme (für mich?). Ansonsten hübsch anzusehen.

The Hobbit: The Desolation of Smaug (Jahr: 2013)

Bin ja immer froh, wenn die fischige Stadt mit dem nervigen Fürsten abbrennt.

The Hobbit: The Battle of the Five Armies (Jahr: 2014)

Ich oute mich jetzt mal als Barbar: Die Extended Version gefällt mir besser, weil da mehr Schlachtszenen drin sind. Aus viel mehr besteht der Film ohnehin nicht.

The Great Battle (Ansiseong, 안시) (Jahr: 2018)

The Great Battle (Ansiseong, 안시) ist ein südkoreanischer Kriegsfilm, der im Jahr 645 spielt. Es geht um die Belagerung einer Burg. Soweit ganz unterhaltsam. Leider sind die Ideendiebstähle absolut unübersehbar. Die Belagerungstürme fallen exakt so wie in Kingdom of Heaven, einige Kostüme (z.B. Leibgarde mit Metallmasken), Kameraeinstellungen und Sequenzen sind vom Film 300 übernommen, und insgesamt erinnert die Belagerung doch sehr an Lord of the Rings (Helm’s Deep). Vieles ergibt nun wirklich gar keinen Sinn (Verteidigungs- oder Angriffstaktiken, Motivation der Figuren …) und nicht selten ist man als Zuschauer*in schlichtweg überfragt, was gerade passiert oder warum. Ansonsten gibt es einen Konkurrenzkampf, der zu Freundschaft wird (a la Legolas und Gimli), patriotische Aufopferung und Armeen in Stärken von mehreren Hunderttausend Soldaten. Als kleines Schmankerl wird noch die Szene aus Armageddon kopiert, in der Bruce Willis seinen Mitarbeiter verfolgt und beschießt, weil dieser mit seiner Tochter geschlafen hat.

Maze Runner: Death Cure (Jahr 2018)

Hübsch anzusehen, aber inhaltlich ziemlicher Quark.

Captain America: First Avenger (Jahr: 2011)

Da ich (wunderbare) Menschen in meiner Nähe habe, die noch nicht alle Filme des MCU (Marvel Cinematic Universe) gesehen haben, schaue ich alle Marvel-Filme noch einmal, und zwar in chronologischer Reihenfolge, also die Filme, die zeitlich früher spielen, kommen zuerst. Man könnte auch sagen: in Timeline-Reihenfolge. Daher: Captain America. Legen wir los!

Von allen Avengers mag ich Captain America am wenigsten, besonders in First Avenger. Das liegt hauptsächlich an der „ich will unbedingt ein Held sein, indem ich mein Leben (sinnlos) riskiere, um meinen Wert zu beweisen“-Einstellung des Protagonisten. Steve Rogers sucht Beweise für seine Männlichkeit, was meine Augen zur Rotation bringt. Noch rotierender werden sie, wenn er diese Männlichkeit plötzlich in Form von Muskelbergen verliehen bekommt: Der deprimierende Traum allen schmächtigen Jungs, die zu oft verhauen worden sind – und damit schließe ich mich ein. Obendrauf packen wir einen übelriechenden Haufen Patriotismus (sowie ein Quäntchen unterschwellige Religiosität) und wir haben Captain America, eine astreine Propagandafigur, die für unsere Zeit ein wenig runtergetuned worden ist. Das weiße Amerika in Reinform (oder zumindest so, wie es sich gerne sehen würde). Trotzdem unterhaltsam.

Captain Marvel (Jahr: 2019)

Vom Unterhaltungswert und vom Tiefgang her sind alle Marvel-Filme ungefähr gleich gut oder schlecht. Einige sind bombastischer (Endgame etc.) als andere, aber ansonsten sind alle ungefähr auf einer Linie. Captain Marvel eben auch. Ich finde die Darstellung von Carol Danvers nicht gerade sympathisch, akzeptiere aber, dass sie so angelegt ist, um ihren Widerstand gegen die männerdominierte Umgebung (und das ganze männerdominierte Genre) zu untermalen. Sie lässt sich nichts gefallen, das ist okay. Man hätte aber mehr rausholen können aus dem ersten MCU-Film mit nicht-männlicher Hauptfigur (nach 20! Filmen mit männlichen Protagonisten oder männerdominierter Protagonist*innengruppe).

Iron Man (Jahr: 2008)

Eigentlich ist Tony Stark ein Drecksack. Aber er hat auch seine guten Seiten. Vielleicht ist die Figur deshalb so beliebt. Egal. Iron Man hat immer ein cooles Design, diese hübschen Zusammenbau- und Abbau-Szenen, Laser, Raketen und Shit. Wen interessiert’s, dass er am Anfang des Films dem Militär eine Art Streubombe verkauft, die nach Genfer Konvention vermutlich verboten wäre? Er ändert sich ja. Ich bin kein besonderer Iron Man Fan, aber ich mochte die Filme immer. Liegt es an den Explosionen, der Fliegerei, all diesem Zeug? Möglich.

The Incredible Hulk (Jahr: 2008)

Edward Norton war der bessere Bruce Banner, hätte aber optisch und von der Wirkung her nicht ins Avengers-Team gepasst. Von allen Hulkfilmen (Realfilme mit Hulk als alleiniger Hauptfigur) ist The Incredible Hulk der beste. Muss ich zum Inhalt etwas sagen? Es ist eben Hulk. Banner wird wütend und grün, smasht Stuff usw.

Iron Man 2 (Jahr: 2010)

s.o. + Mickey Rourke als „russischer“ Gegner, der Blitzpeitschen schwingt, Vögel mag und Wodka trinkt.

The Kitchen: Queens of Crime (Jahr: 2019)

Gangsterstory, die Ende der 1970er Jahre in Hell’s Kitchen, New York, spielt, aber dann doch anders als all die anderen (männlich dominierten) Streifen dieser Art. Denn in The Kitchen übernehmen die Ehefrauen, nachdem ihre Männer inhaftiert werden, die Geschäfte. Sie kämpfen dabei hauptsächlich gegen Männer, die sich nicht aus dem Geschäft drängen lassen wollen und die Frauen nicht ernstnehmen. Ihre Hauptgegnerin ist also die Misogynie ihrer Umgebung. Von dieser Innovation ab erinnert The Kitchen an viele bereits bekannte Gangsterfilme (Aufstieg, Abstieg, Machtkampf, Kooperation, Betrug und all das), nur dass der Twist am Ende und das Ende allgemein etwas ungeschickt wirken. Um das genauer zu beschreiben, müsste ich spoilern, und das möchte ich nicht.

Jolt (Jahr: 2021)

Unterhaltsame Umkehrung des ausgelutschten Plots eines Mannes, der seine Frau/Freundin/Familie verliert und Rache übt. Hier rächt sich die Freundin, die nicht müde wird zu betonen, dass beide noch in der frühen Datingphase gesteckt haben. Humor gibt es also auch. Die Darstellung psychischer Krankheit ist völlig inkorrekt und wird kritischen Zuschauer*innen aufstoßen. Wer aber solche Details und die Tatsache, dass alle Straßenszenen nach Studiogelände aussehen (und alle Straßenszenen an den gleichen 2 Straßenecken gedreht sind), ausblenden kann, wird gut unterhalten sein. Viel Gewalt, etwas Humor, abstruse Story. So etwas funktioniert meistens, auch hier, solange man kein großes Kino erwartet.

Thor (Jahr: 2011)

Stop! Hammertime. Der mächtige Thor verliert die Macht über seinen dicken Hammer und muss seinen Wert beweisen, bevor er das Ding wieder schwingen kann. Praktischerweise findet er eine Frau, die ihm den Hammer rettet und die er mit dem Hammer retten muss.

Grundsätzlich mag ich Thor als Figur, auch wenn er überheblich und etwas dösig ist. Allerdings haben mich in diesem Film immer seine Gefährt*innen gestört, die einfach albern wirken (Kostüme, Aussehen, Verhalten). Anthony Hopkins als Odin ist eine gute Wahl. Er hat diesen ruhigen Killer-Großvater-Vibe. Er kann dir eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen und zertrümmert am nächsten Morgen einem Einbrecher den Schädel, was er nur als Anlass nimmt, um Kriegsgeschichten rauszukramen. Ein passender Vibe, finde ich.

Outrage Beyond (Jahr: 2012)

Stilistisch und qualitativ befindet sich Outrage Beyond von und mit Takeshi Kitano im Bereich des ersten Teils (Outrage, besprochen in Thuraus Filmtagebuch: Juni 2021), samt Weiterführung der Story. Das heißt, man sollte unbedingt zuvor Outrage gesehen haben.

The Avengers (Jahr: 2012)

Endlich ist die lustige Schar weltrettender Marvel-Held*innen zusammengekommen, um gemeinsam zu agieren. Damals war Avengers ein Filmereignis, weil mehrere Filme mit unterschiedlichen Hauptfiguren auf diesen Film hingearbeitet haben. Heutzutage, was so klingt, als wäre es ewig her, was wiederum Quatsch ist, wirkt Avengers nicht mehr so besonders. Die Unterhaltung ist fraglos gegeben, aber wie ein großes Filmereignis wirkt der Streifen dann doch nicht mehr.

Iron Man 3 (Jahr: 2013)

Ben Kingsley tut sein Bestes, um diesen Film auf ein höheres Niveau zu hieven, schafft es aber nicht allein, und dieses Ende ist zum Brechen unsinnig. Aber hey, viel Bumbum, Peew-Peew und Krabums.

Outrage Coda (Jahr: 2017)

Outrage Coda ist der dritte Teil der Filmreihe von und mit Takeshi Kitano (Regie, Drehbuch, Produktion, Hauptdarsteller) und bringt endlich einen Abschluss zum opferreichen Intrigen-Dschungel der Yakuza-Familien. Die Qualität bleibt in der ganzen Reihe stabil, erreicht aber nie besondere Höhen. Wer sich dennoch eine Trilogie über Yakuzas mit allem, was dazugehört (Finger abschneiden als Entschuldigung, Mord, Verrat, Ehre, korrupte Polizei, schweigsame Männer etc.), ansehen will, ist mit der Outrage-Reihe nicht schlecht beraten.

Literaturzeitschrift: Edit

Über die Literaturzeitschrift Edit (Edit Nr. 83, Frühjahrsausgabe).

Im dritten Teil der Blogreihe über Literaturzeitschriften soll es um die Edit gehen, genauer um Edit Nr. 83 (Frühjahrsausgabe 2021). Angefangen hatte die Reihe mit der Queer*Welten Nr. 5, gefolgt von BELLA triste Nr. 59. Auch diesmal werde ich zunächst auf das Konzept der Edit eingehen, anschließend auf das Design, den Inhalt als Überblick und schließlich einige Beiträge der Edit Nr. 83 genauer besprechen. Packen wir‘s an.

Konzept der Edit

Die Edit besteht bereits seit 1993 und druckt Lyrik, Prosa (Kurzgeschichten, Essays etc.), Dramen und Erstübersetzungen. Außerdem sind Visuals aus den Bereichen Kunst und Design zu finden, mit interessanten Erklärungen dabei. 3 mal im Jahr erscheint das etwa 125 Seiten starke Literaturmagazin. Im Vergleich zur Queer*Welten und auch noch zur BELLA triste scheinen die Macher*innen der Edit einen komplizierteren, weniger direkten Stil zu bevorzugen. Eine Ausgabe kostet 9 €.

Aufmachung der Edit Nr. 83

Die Frühjahrsausgabe der Edit wurde von Studio Pandan gestaltet. Das Format ist 22 cm x 15.5 cm. Die Visuals sind farbig gedruckt (sofern sie im Original farbig sind), der Rest in schwarz-weiß gehalten. Die Schrift ist übersichtlich und gut lesbar, der Buchsatz jeweils an die Texte angepasst.

Inhalt der Edit Nr. 83

Literatur:

  • Jenny Hval – GIRLS AGAINST GOD
  • Stine Diane Sampers – KEEPS CRASHING DOWN THE SAME PERIOD IN MY TEXT BETWEEN THE PARAGRAPHS AND I FORGOT ABOUT THE CRUSH
  • Uta Gosmann – FREUDS GÖTTER
  • Sandra Gugić – WACHEN
  • Adrienne Herr – MUSEUM ISLAND
  • Jana Krüger – HIER, HIER
  • Carlo Spiller – GEGEN DIE WEICHE EWIGKEIT MEINER UNSTERBLICHEN WENIGKEIT
  • Katharina Mevissen – PLATZ DA!

Kunst:

  • Pati Hill
  • Evelyn Taocheng Wang
  • Ruth Wolf-Rehfeldt

Jenny Hval: Girls Against God

Girls Against God ist ein Roman der norwegischen Autorin Jenny Hval, hier als Auszug in einer Übersetzung von Clara Sondermann. Was mich zuerst gepackt hat, ist die Wut in diesem Textauszug. Die Wut und dann der Stil, der wild umherspringt zwischen Filmideen, Musik, wieder Wut, Schreiben als Thema und noch mehr Wut. Sobald das Buch in deutscher Übersetzung zu haben ist, werde ich es kaufen.

Uta Gosmann – Freuds Götter

Uta Gosmann erzählt in Freuds Götter von der Figurensammlung (Göttinnen und Götter und andere) von Sigmund Freud und den Mythen, die hinter den dargestellten Gött*innen stehen, streut Zitate von Autor*innen ein, mischt Gedichte und Gedichtfragmente darunter und kreiert ein Gesamtwerk aus Einzelteilen. Ein nicht leicht zu fassendes Prosawerk und dennoch faszinierend.

Sandra Gugić – Wachen

Wenn Mann und Kind schlafen, wacht die Mutter – sie wacht über ihre Lieben, sie wacht, weil sie nicht schlafen kann. Am Tage versucht die Mutter, obwohl die Familie im Urlaub ist, zu arbeiten, zu schreiben, schickt Mann und Kind los, bleibt allein, kriegt nichts geschafft. Wachen ist eine kurze Erzählung von Sandra Gugić, die von der Vereinbarkeit von Familie und Arbeit (gerade kreativer Arbeit, die kein Büro, keinen speziellen Arbeitsplatz zu erfordern scheint) handelt, aber auch von Liebe, Schlaflosigkeit und dem Festhalten an sich selbst, auch und gerade wenn der Alltag mit all seinen Regeln anrückt. Hier sind es die Nähe und der triste Ton, die mich angesprochen haben.

Jana Krüger – Hier, Hier

Eine Metamorphose, in der Innen und Außen, der Körper, die Körperlichkeit, Zeit, Menschsein und Sprache sich verlieren, zerfließen, sich wiederfinden, transzendieren. Immer wieder wird etwas transzendiert und verändert. Aus einem Menschen wird ein Tier, scheinbar entgegen den Ideen des Transhumanismus, doch durch die Verschmelzung von Innen und Außen wieder innerhalb des Rahmens. Hier, Hier liest sich nicht nur wie eine Abrechnung mit Denkkonzepten, sondern auch wie eine mit den Menschen an sich, mit der Gesellschaft. Da wird nach Würde gefragt – der Würde des Menschen und des Tieres – und nach Rache geschrien, da wird der Körper verschönert, um angepasst zu sein, weil man den Körper hasst, und dann wächst ein Fell, wachsen Flügel.

Katharina Mevissen – Platz da!

Mit Platz da! liefert Katharina Mevissen einen Essay über den körperlichen Aspekt des Schreibens, über die Notwendigkeit von Räumen, bequemen Sitzgelegenheiten, finanzieller Unterstützung. Schreiben und alles, was daran hängt, benötigt den Körper, der wiederum Nahrung benötigt, der sitzen muss, idealerweise in gesunder Haltung, der mit Fingern tippt und mit Augen schaut. Einige Mythen über das Schreiben werden beiseitegeräumt, einige vermeintliche Selbstverständlichkeiten betont, um sie ins Licht zu rücken, damit sie nicht mehr übersehen werden. Zwischendrin werden immer wieder Zitate von Autor*innen zum gleichen Thema eingestreut. Informativ und unterhaltsam geschrieben macht Platz da! einige sehr gute Punkte, die man bedenken sollte.

Fazit

Obwohl ich einige Beiträge in der Edit sowie das Gesamtkonzept sehr cool finde, trifft die Auswahl insgesamt nicht ganz meinen Geschmack, passt nicht zu meinem Stilempfinden (und entsprechend würde ich meinen eigenen Schreibstil nicht dort verorten). Der Nebenfokus auf Erstübersetzungen ist zwar kein besonderes Interesse von mir – ich suche zuallererst nach deutschsprachiger (originaler) Literatur in Literaturzeitschriften –, dennoch habe ich mit Girls Against God ein Buch gefunden, das ich kaufen werde, sobald es in deutscher Sprache veröffentlicht ist. Das alles sagt nicht das Geringste über die Qualität der Edit aus, sondern ist rein subjektiv. Denn qualitativ gibt es bei dieser Literaturzeitschrift nichts zu meckern. Ich werde weiterhin bei Gelegenheit, Lust (und ausreichenden Finanzen) Ausgaben kaufen.

Hinweis: Menschenkind. Rezension

Hinweis auf die Rezension des Romans “Menschenkind” [Beloved] von Toni Morrison.

Die Rezension des Romans Menschenkind [Beloved] von Toni Morrison ist online beim Buchensemble:

Nie wieder unfrei: Menschenkind

Literaturzeitschrift: BELLA triste

Über die Literaturzeitschrift BELLA triste Nr. 59 (Frühjahrsausgabe).

In der lockeren Blogreihe rund um Literaturzeitschriften, die mit der Queer*Welten angefangen hat, geht es heute weiter mit der BELLA triste, und zwar der Frühjahrsausgabe 2021 (Nr. 59). Da die BELLA triste weit mehr Beiträge enthält als die Queer*Welten, werde ich nicht zu jedem etwas schreiben, sondern nur zu einigen ausgewählten.

Konzept der BELLA triste

Als Zeitschrift für junge Literatur fördert die BELLA triste vor allem Gegenwartsliteratur, bietet neben Prosa, Lyrik, Dramatik, Essays, Interviews und Reflexionen auch Visuals, also Bildbeiträge. Seit 2001 besteht die BELLA triste und seit 2003 der gemeinnützige Verein BELLA triste e.V., der auch das Literaturfestival Prosanova veranstaltet.

Design der BELLA triste

Die Frühjahrsausgabe der BELLA triste wurde vom Design Kollektiv Jung & Dynamisch aus Berlin gestaltet. Es gibt etliche Bilder und farbige Seiten. Die Textbeiträge zeigen verschiedene Schriftbilder, es wird mit dem Buchsatz gespielt. Die Zeitschrift ist über 100 Seiten stark bei einem Format von 22 cm x 15.5 cm. Man bekommt also einiges für den Preis von 7 €.

Inhalt der BELLA triste Nr. 59

  • Editorial
  • Norwin Tharayil: JÜNGSTE MESSUNGEN
  • Clara Werdin: 100 billionen einzelteile
  • Cecily Ogunjobi: Dem Erdboden gleich (Prosaminiaturen)
  • Alexander Kappe: kein ingrimm
  • (Mohammad) Adika Rahman: revisting visual childhood memories
  • Interview mit dem Verbrecher Verlag: (Jörg Sundermeier & Kristine Listau interviewt von Armin & Simoné)
  • Arpana Aischa Berndt: tropical (Auszug)
  • Paul Jennerjahn: lazarus in den dingen
  • Kara Bukowski: Beobachtungen
  • Sven Schaub: Erst kommt der Wind, dann kommt die U-Bahn
  • Nathalie Eckstein: Wurzeln
  • Rezensionen
  • Viten
  • Impressum

Clara Werdin: 100 billionen einzelteile

In kurzen Prosasequenzen beschäftigt sich Clara Werdin mit dem Körper. Körpererinnerungen aus der Kindheit und Körpererfahrungen von heute, Vergleiche, Blicke in Spiegel, Probleme und vermeintliche Probleme, die Person im Spiegel als fremde Person, die man doch irgendwoher kennt, entfernt. Stil, Sprache und Thematik gefallen mir sehr. „ich sage mir oft sätze vor, immer wieder die gleichen sätze. sie werden geformt von der gesellschaft, aber getragen von meiner stimme“, heißt es da beispielsweise, und man könnte argumentieren, eine spezifisch weibliche Perspektive in den Texten zu lesen (und das ist auch gut so), aber dennoch fühle ich mich angesprochen, weil ich nicht selten ähnliche Sätze in eigener Stimme höre, die nicht die eigenen sind, sondern vorgesprochen worden sind vor langer Zeit. Eine Videolesung des Textes findet ihr übrigens über die Seite der Frühjahrsausgabe oder hier: 100 billionen einzelteile.

Interview mit dem Verbrecher Verlag

Der Verbrecher Verlag besteht seit nunmehr 20 Jahren und anlässlich des Jubiläums wurden die Verlagsleiter*innen Jörg Sundermeier und Kristine Listau interviewt. Man erhält einen interessanten und sympathischen Einblick in den Verlag, seine Geschichte und Werke. Neben Buchempfehlungen, die meinen Stapel ungelesener Bücher noch höher wachsen ließen, habe ich den Eindruck erhalten, dass ich gern mit dem Verbrecher Verlag zusammenarbeiten würde, aber leider auch die Erkenntnis gewonnen, dass man bereits Teil eines ausgesuchten Kreises sein muss, um das bewerkstelligen zu können. Ein spannendes Interview.

Arpana Aischa Berndt: tropical (Auszug)

Was für die einen Entspannung ist, ist für andere Horror. In zunehmend beklemmenderen Bildern erzählt Arpana Aischa Berndt einen Spa-Besuch. Ein Strudel von Alltagsrassismus, unsensiblen Gesten und Aussagen, Aufdringlichkeiten und nervigem Alman-Gehabe zieht die Erzählerin und mit ihr die Leser*innen hinab in ein labyrinthartiges Horrorgefühl. tropical ist auf genau die richtige Weise unangenehm.

Nathalie Eckstein: Wurzeln

Vom Zahnschmerz hat schon Dostojewski geschrieben. Hier aber geht es um die Buddenbrooks und das Buddenbrook-Syndrom, um den gesamten Mundraum, um das Schreiben als solches. Ein nicht leicht zu fassender Text, der dadurch nicht weniger faszinierend wirkt. Und manchmal liegt das Herz offen da wie eine entzündete Zahnwurzel.

BELLA triste Nr. 59: Fazit

Ich habe ein Abo abgeschlossen. Das sagt vermutlich alles. Nicht alle Beiträge haben mir gefallen, aber das kann man auch kaum erwarten. Jedenfalls bin ich bereits auf Nr. 60 gespannt.

Hinweis: Der Kälberich. Rezension

Hinweis auf eine Rezension des Romans Der Kälberich von Leif Høghaug in deutscher Übersetzung von Matthias Friedrich.

Für den außergewöhnlichen Roman Der Kälberich von Leif Høghaug habe ich beim Buchensemble eine Rezension veröffentlicht:

Kabelsalat im Kopf: Der Kälberich

Thuraus Filmtagebuch: Juni 2021

Filme im Juni 2021 geschaut und besprochen in Thuraus Filmtagebuch.

In der diesmonatigen Ausgabe von Thuraus Filmtagebuch haben es tatsächlich 2 Filme auf eine Bewertung von 8/10 geschafft. Ein paar schlechte waren auch dabei und die meisten waren mittelmäßig. Wie immer gehe ich nicht groß auf eine Inhaltsbeschreibung ein, sondern kritisiere direkt drauflos. Viel Spaß!

Die Filme

  • Chaos Walking (7.5/10)
  • Nobody (6.5/10)
  • Underwater (6.5)
  • Aeon Flux (Æon Flux) (5.5/10)
  • 13 Hours (6.5/10)
  • Love and Monsters (6/10)
  • Maze Runner (6/10)
  • Starship Troopers (7/10)
  • National Treasure 2 (6/10)
  • Outrage (5.5/10)
  • Raya and the Last Dragon (6/10)
  • Max Payne (4/10)
  • Tomorrowland (5/10)
  • Oldboy (8/10)
  • Ran (8/10)
  • Zulu (6/10)
  • Boss Level (6.5/10)
  • Taking Lives (5/10)

Chaos Walking

Na, hier wurde ich überrascht. Die Grundidee las sich sehr cheesy, ein bisschen wie schlechte Comedy: Auf einem fremden Planeten, der kolonialisiert worden ist, gibt es das Phänomen, das die Bewohner*innen The Noise nennen. Alle Gedanken der Männer sind hör- und sichtbar für ihre Umwelt. Frauen gibt es keine mehr. Dann stürzt ein Raumschiff ab und die erste Frau seit Jahren ist da. Bam! Chaos. Mit Tom Holland.

Allerdings ist der Film tatsächlich gelungen. Chaos Walking ist spannend umgesetzt und setzt sich mit dem Gedankenkonstrukt auseinander, das The Noise bietet: Was passiert, wenn toxische Männlichkeit entblößt wird? Was machen Männer, die keine Geheimnisse mehr haben können? Man kommt nicht umhin, einen ganz deutlich feministischen Subtext zu bemerken, der sich eben mit der erwähnten toxischen Maskulinität beschäftigt. Nicht zeternd oder reflexiv oder langweilig, sondern verpackt in einen actiongeladenen Science-Fiction-Film. Auch wenn man sich nicht um diesen Subtext kümmern möchte, kann man Chaos Walking genießen.

Nobody

History of Violence meets John Wick. Bob Odenkirk, bekannt aus Breaking Bad und Better Call Saul spielt den Familienvater und Führer eines ereignislosen Lebens Hutch Mansell. Dieser langweilt sich. Nach einem Einbruch wird etwas in ihm geweckt. Wer ist Hutch wirklich? Ihr kennt das. Es gibt Hunderte Filme aus den letzten Jahren, in denen sich ein Mann allein gegen das Organisierte Verbrechen (gerne die Russenmafia) stellt. Gewaltorgien. Nobody ist so ein Film und das ist gut so. Allerdings habe ich es selten gesehen, dass Figuren derart geil auf Gewalt und Brutalität sind. Früher taten stumme Helden eben, was vermeintlich getan werden musste. Sie hatten keine Freude daran, 80 Leute umzulegen. Aber Hutch tut, was er tut, weil er Bock darauf hat. Würde dadurch nicht ein herabwürdigender Blick auf alle gewaltlos Lebenden mitschwingen, hätte ich kein Problem damit. Dann wiederum erwartet man keine moralischen Hochleistungen von solchen Actionstreifen. Wer auf Blut und Geballer steht, liegt mit Nobody nicht falsch.

Underwater

Underwater fand ich spannend, bis ich feststellen musste, dass die Story fast 1:1 eine Kopie vom Comic The Wake von Scott Snyder ist, nur ohne die Rahmenhandlung. Der Actionkern allein wurde übernommen, dafür inklusive Optik und allem. Da das Comic super ist, versagt der Film auch nicht völlig, hat nur eben kaum eigene Leistung vorzuweisen. Meine Psyche sagt mir gerade: „Was, wenn es eine Adaption ist, alle das wissen und nur du die Info nicht finden konntest?“ Ja dann … habe ich es eben ohne die Info gemerkt.

Æon Flux

Leider habe ich die Zeichentrickserie, die dem Film zugrunde liegt, nie gesehen. In der Realverfilmung gibt es einige hübsche Ideen und Sequenzen, die wahrscheinlich aus der Vorlage übernommen worden sind. Viele Actionszenen sind aber eher Kappes. Die Grundidee / Auflösung wiederum fand ich an sich gut.

13 Hours

Action-Kriegsfilm. Die Zeit der Anti-Kriegsfilme scheint vorbei zu sein, stattdessen gibt es mannhafte US-Nationalpropaganda mit bärtigen Dudes, ratternden Waffen, Familienwerten, Christentum und all dem Zeug. Ich muss immer das Denken abschalten bei solchen Filmen, dann aber gefallen sie mir. Filmschauen ist geistig für mich das Gegenteil von Lesen. Ich will meistens nicht denken müssen. Filme und Serien sind kulturelles Biertrinken. 13 Hours ist Mittelklasse-Bier aus Dosen, das vom Leben ablenkt. Immerhin.

Love and Monsters

Ich mag, dass er Angst hat und aus Einsamkeit und Sehnsucht alles riskiert. Außerdem: Hund.

Maze Runner

Am Anfang ist ein Garten und in ihm pubertierende Dudes, die grölen, sich prügeln und wie ein verwilderter Kinderstamm zusammen hausen. Dann kommt einer, der nicht ganz reinpasst. Dann kommt auch noch ein Weibchen. Labyrinth drum mit Monstern. Wer nicht schnell genug rennt, ist im Eimer. Sogar der nicht-normschöne Junge erfüllt irgendwie einen Zweck als eine Art Sidekick und Schutzschild. Aber ansonsten ganz unterhaltsam.

Halbwegs interessant könnte man die Bibelanleihen betrachten: Der paradiesische Garten in einer Art Unschuldstadium, bis die Frau als Erkenntnisbringerin (sie hat wichtige Infos) und Anfang aller Sünde – ist nicht der Biss in den Apfel vom Baum der Erkenntnis der Sündenfall, die erste illegale Informationsübertragung gewesen? –, dann der Ausbruch (oder Rauswurf?) aus dem Garten, um in der Wüste der Welt zurechtzukommen (das wäre dann Teil 2). Das Labyrinth drumherum erinnert natürlich mehr an das Zuhause des Minotaurus, besonders wegen der Monster darin, nur dass die Monster Bewacher der gefangenen Kids sind, während der Minotaurus selbst Gefangener seines Labyrinths ist.

Starship Troopers

Live beim Filmschauen hatte ich bereits ein paar Gedanken in einem Thread abgesondert, die man hier nachlesen kann:

Ich finde es faszinierend, dass ein Film komplett auf kritische Äußerungen einem unterdrückenden System gegenüber verzichten kann und in seiner Gesamtheit dennoch unterdrückende Systeme kritisiert. Wenn ich es so aufschreibe, klingt das nicht mehr so spannend. Vielleicht liegt es daran, dass wir es inzwischen zu sehr gewohnt sind, dass Filme und Bücher uns ihre Aussagen auf dem Silbertablett servieren und wir sie nur noch annehmen müssen. Etwas Subtilität täte vielen Werken gut. (Ich weiß, ausgerechnet einem Film wie Starship Troopers Subtilität zu unterstellen, ist gewagt.) Dadurch, dass Starship Troopers vollständig im Stil eines Propagandafilms gehalten ist, schärft er unseren Blick für das, was wir bislang noch nicht verloren haben. Sobald dieser Filmstil nicht mehr als Kritik gelesen wird, haben wir verloren.

National Treasure 2

Wie National Treasure 1, nur weniger gut.

Outrage

Takeshi Kitano gehörte früher zu meinen Lieblingsfilmemachern und Schauspieler*innen, obwohl er immer die gleiche Rolle spielt: Schweigsamer Typ mit zuckendem Augenlid, der plötzlich in Gewalttaten ausbricht (und manchmal sowas wie Liebe kennenlernt). Ich würde gerne wieder mehr Filme von und mit ihm sehen. Leider stehen nicht so viele zur Verfügung und die deutsche Synchronspur – oft die einzige, die es gibt – ist fast immer grässlich. Soviel vorab.

Outrage habe ich über die Jahre mehrmals gesehen und komme noch immer nicht ganz mit. Wer wen weswegen wozu anstiftet und missbraucht, ist mir zu hoch. Zu viele Yakuza-Familien und (aus meiner Sicht) seltsame Abhängigkeiten spielen hinein. Liegt vielleicht eher an mir, oder?

Raya and the Last Dragon

Raya and the Last Dragon ist eigentlich ganz süß. Ich zähle wohl kaum zum Zielpublikum, hatte aber dennoch Spaß. Nur wenige Tage, nachdem ich den Film gesehen habe, verblasst er bereits im Gedächtnis. Für einen gemütlichen Filmabend ganz nice.

Max Payne

Auweia.

Tomorrowland

Auweia, aber bunter.

Oldboy

Sehr sehr geiler Streifen. Er ist hart, unangenehm, weird und verstörend. Es hat mich viel Zeit gekostet, mich zu überwinden, Oldboy nochmal zu schauen, und ich bin froh, dass ich es getan habe.

Irgendwann wurde ein amerikanisches Remake verbrochen, das ich mir aus Prinzip nie angesehen habe. Das Original lohnt sich. Die deutsche Synchronspur ist sogar gar nicht mal furchtbar.

Ran

Manche Klassiker verlieren mit der Zeit, andere nicht. Ran ist ein epischer japanischer Klassiker, den man sich noch ausgezeichnet heutzutage ansehen kann. Das riesige Aufgebot an Statisten in den Schlachtszenen allein macht den Film schon anschauenswert. Hinzu kommen die Story und das allgemeine Design (Kostüme, Schauplätze, Landschaften, Burgen etc.) des Films. Das einzige Manko in meinen Augen ist, dass man (wie es damals im asiatischen Kino üblich war) Gummiglatzen/-frisuren verwendet hat, anstatt den Schauspielern tatsächlich den Kopf zu scheren. So haben manche Figuren ausgesprochen große Köpfe. Wenn das aber das größte Problem ist, spricht das für den Film.

Zulu

Hier haben wir einen Klassiker, der weniger gut gealtert ist. Briten gegen Zulu, weiß gegen schwarz. Wenn die Zulu-Frauen am Anfang des Films halbnackt tanzen, fährt die Kamera gaaaaaanz nah ran. Kultur wird zur Fleischbeschau. Die Zulu-Krieger wiederum werden als die traditionellen „Wilden“ dargestellt und die Briten verteidigen sich (mehr oder weniger heldenhaft) gegen den Ansturm der Afrikaner in Afrika. Mal abgesehen vom offenkundigen Rassismus ist übrigens auch die Story schwach und es gibt überall Logikfehler. Entschuldigen kann man das alles nur mit dem Alter, Zulu ist aus dem Jahr 1964.

Boss Level

Dude wacht auf, wird gejagt, stirbt, wacht wieder auf. Mal wieder ein Zeitloop, aber ganz unterhaltsam. Wer auf Guns Akimbo, Crank, Hardcore Henry, Nobody und ähnliche Filme steht, wird an Boss Level ebenfalls Freude habe. Trotz Geballer und Tod überall hält sich Boss Level zum Glück zurück mit Gore und Gedärmen. Blut spritzt aber ordentlich.

Taking Lives

Fand ich lahm. Aber das wäre jetzt etwas kurz als Beschreibung. Taking Lives versucht so etwas wie Seven zu sein, ohne zu wissen, wie das geht. Serienmörderstory mit etwas Romantik, einer FBI-Agentin, die gerade weird genug für ihren Job ist, Polizisten, die sich nicht helfen lassen wollen, eine Überraschung, die keine ist, und ein Ende, das albern wirkt. Ein Film zum Gähnen, obwohl der Anfang vielversprechend wirkt – der Rückblick in die 1980er ist meiner Meinung nach der beste Part des Films, obwohl oder weil dort keine „Stars“ mitspielen und man noch nicht weiß, was passieren soll oder wird.

Literaturzeitschrift: Queer*Welten

Blogartikel über die Literaturzeitschrift Queer*Welten (Ausgabe 5/2021).

Neulich habe ich mich entschieden, einige Literaturzeitschriften zu testen. Einerseits ging es mir darum, Neues in Sachen Literatur zu finden, andererseits aber auch um eine Recherche, wohin ich in Zukunft meine Texte schicken könnte, und zu guter Letzt darum, mitreden zu können. Warum, dachte ich mir dann, sollte ich meine Erkenntnisse nicht mit euch teilen? Es wird also eine kleine, unregelmäßig erscheinende Blogreihe mit Texten über Literaturzeitschriften geben. Der Einstieg bietet die Queer*Welten mit Ausgabe 5. Vorweg möchte ich betonen, dass ich üblicherweise keine Fantasy- oder Science-Fiction-Literatur lese und diese Genres (und damit die Geschichten der Zeitschrift) nicht im Detail bewerten kann.

Konzept der Queer*Welten

Wie der Name bereits sagt, dreht sich in Queer*Welten alles um queere Welten, und zwar hauptsächlich in den Genres Fantasy und Science Fiction. Sie erscheint alle 3 Monate im Ach Je Verlag und enthält Kurzgeschichten (die nicht immer ganz kurz geraten sind), Debattenbeiträge und Neuigkeiten über queere Fantasy- und Science-Fiction-Literatur. Der Preis liegt bei 7.99 € pro Printausgabe, 5.99 € fürs E-Book.

Design der Queer*Welten

Für euer Geld bekommt ihr ein etwa 50 Seiten starkes Heft im Format 21 cm x 15 cm. Das Coverdesign stammt jeweils von einer*m queeren Künstler*in. Ansonsten ist die Queer*Welten schlicht gehalten und ohne Bilder im Innenteil, sondern besteht aus meist doppelspaltigem Text. Auf den Inhalt selbst komme ich jetzt zu sprechen.

Inhalt der Queer*Welten 5

  • Vorwort
  • Romy Wolf: Stadt der Sündigen [Kurzgeschichte]
  • Rebecca Westkott: Das letzte Marzipanbrot [Kurzgeschichte]
  • Jol Rosenberg: Rechter Haken [Kurzgeschichte]
  • Alex Prum: Historisch korrekte Drachenreiter [Essay]
  • Der Queertalsbericht 02/2021

Romy Wolf: Stadt der Sündigen

In einem post-apokalyptischen Setting, wobei die Apokalypse frei nach dem Evangelium des Johannes stattfand, befinden sich die Menschen, die überlebt haben, in einer Stadt, die von Engeln errichtet worden ist und von diesen mit Gewalt regiert wird. Im Kern der Geschichte steht ein Gespräch zwischen Salome und Leah. Es geht um das Ausloten von moralischen und persönlichen Grenzen.

Rebecca Westkott: Das letzte Marzipanbrot

An Rebecca Westkotts Kurzgeschichte Das letzte Marzipanbrot oder vielmehr daran, dass die Geschichte in Queer*Welten abgedruckt worden ist, zeigt sich der intersektionale Ansatz der Zeitschrift. Im Zentrum der Kurzgeschichte steht ein*e Ich-Erzähler*in mit schweren psychischen Erkrankungen und die Diskriminierung psychisch und physisch behinderter Menschen durch Behörden. Mir gefällt besonders der verrückt-surreale Erzählstil, in dem sich jede Menge Fantasiewesen in einen Tag drängen, der ohne sie hauptsächlich grau und unangenehm gewesen wäre.

Anmerkung: Stil und Story haben mir so gut gefallen, dass ich nach Büchern von Rebecca Westkott gesucht habe, aber leider vergebens.

Jol Rosenberg: Rechter Haken

In der Science-Fiction-Geschichte Rechter Haken von Jol Rosenberg geht es um den Klon Nori, der eigentlich nur für die Arbeit in einem Schlachthaus erschaffen worden ist, aber entkommen konnte und nun versucht, sich unter Menschen zurechtzufinden. Grundthema der Geschichte ist Andersartigkeit. Andersartigkeit im Sinne von Außenseiterrollen, aber auch im Sinne körperlicher und geistiger Unterschiede.

Alex Prum: Historisch korrekte Drachenreiter

Der Essay Historisch korrekte Drachenreiter von Alex Prum greift das häufig auftauchende Argument gegen die Repräsentation queerer oder nicht-weißer Figuren in Fantasy-Settings auf, dass sie nicht historisch korrekt sei, da man sich am realen Mittelalter orientiert hätte, und demontiert dieses Argument schrittweise. Dabei entlarvt Alex Prum das Argument auch als getarntes Vorurteil (oder Ansammlung einer ganzen Reihe von Vorurteilen). Eine spannende Betrachtung herrschender und weit verbreiteter Bilder und undurchdachter Meinungen in den Köpfen der Autor*innen (und aller anderen Menschen).

Queertalsbericht

Der Queertalsbericht stellt in Ausgabe 5 der Queer*Welten Novellen vor, und zwar Fantasy- sowie Science-Fiction-Novellen, die zwischen 2018 und 2021 erschienen sind und queere (Haupt)Figuren aufzuweisen haben. Aus meiner Twitter-Bubble weiß ich, dass es nicht immer leicht ist, Bücher mit guten Repräsentationen queerer Figuren zu finden. Wer also entsprechende Literaturempfehlungen sucht, ist hier an der richtigen Stelle.

Queer*Welten 5: Fazit

Die Queer*Welten habe ich mir wegen des Konzepts gekauft und nicht wegen der vertretenen Genres. Trotzdem hatte ich Freude am Lesen, ganz besonders an Das letzte Marzipanbrot von Rebecca Westkott sowie am Essay von Alex Prum. Für 7.99 € kommt mir die Queer*Welten etwas schmal vor, aber für die Unterstützung des Konzepts zahle ich die Summe trotzdem gern.